SIX Digital Exchange: Die Börse der Zukunft


SIX Digital Exchange: Die Börse der Zukunft

SIX hat den Bau einer vollständig integrierten Plattform für Handel, Abwicklung und Verwahrung von digitalen Vermögenswerten angekündigt. Thomas Zeeb, Head Securities & Exchanges bei SIX, erklärt, wie SIX Digital Exchange (SDX) eine Brücke zwischen bestehender und neuer Infrastruktur baut.


1995 hat die Schweizer Börse den elektronischen Handel eingeführt – als erste Börse der Welt. Jetzt hat SIX das Unternehmen SDX gegründet – eine digitale Börse. Elektronisch, digital? Was ist der Unterschied?
Es sind nicht so sehr die beiden Begriffe «elektronisch» und «digital», die den Unterschied machen. Mit dem elektronischen Handel ist eben nur der Handel gemeint. Danach kommt das Clearing, das Settlement und die Verwahrung – alles Teile der sogenannten Swiss Value Chain. SDX vollzieht diese Schritte gleichzeitig. Das ist der grosse Unterschied. Millionen von Franken, die heute als Sicherheiten gebunden sind, werden frei, wenn wir eine echte, sofortige, Eigentumsübertragung durchführen. Möglich macht das die Distributed-Ledger-Technologie. Mit anderen Worten: Es entsteht die weltweit erste ganzheitliche Plattform für den Handel, die Abwicklung und die Verwahrung von tokenisierten Vermögenswerten – in einem regulierten Umfeld.

Tokenisierte Vermögenswerte? Was heisst das genau?
Tokenisierte Vermögenswerte liegen in einem digitalen Format vor, das an SDX gehandelt werden kann. Dabei gibt es kaum Grenzen. Denkbar sind digitale genauso wie digitale Währungen, dereinst vielleicht sogar «Non-bankable Assets» wie ein Gemälde oder eine Immobilie. Die ersten Vermögenswerte, die wir in einer frühen Version von SDX als Teil eines Minimal Viable Product (MVP) tokenisieren möchten, sind allerdings bestehende, heute schon an unserer Börse gehandelte Wertpapiere. Diesen Schritt planen wir für Mitte 2019. 

SDX – a SIX Company

SIX baut die weltweit erste vollständig integrierte Plattform, die den Handel, die Abwicklung und die Verwahrung digitaler Vermögenswerte in einem sicheren und regulierten Umfeld ermöglicht. SDX ist ein eigenständiges Unternehmen, das örtlich getrennt ist und mit eigener IT-Infrastruktur arbeitet. Das wird uns erlauben, den Service unabhängig und kontrolliert aufzubauen sowie Bestehendes und Neues zu verbinden, wo dies sinnvoll ist. Mit der Zeit werden unsere Kunden die Möglichkeit haben, das für sie passende Angebot auszuwählen.

Welche Vorteile bringt das?
Die Tokenisierung bringt grosse Vorteile, gerade für unsere Kunden. Es entstehen neue Produkte für deren Kunden. Wer über kein üppiges Budget verfügt und trotzdem das Portfolio diversifizieren will, erhält neue Möglichkeiten, die über das Investieren in einen Fonds hinausgehen. Einen Token kann man praktisch ins Unendliche fraktionalisieren. So erhalte ich als Anleger etwa nur den Bruchteil einer Aktie, zum Beispiel 0,00173 Nestlé. Dieses Prinzip kennen wir bereits von den Kryptowährungen. Stellen Sie sich vor, welche Services die Banken zukünftig ihren Kunden anbieten können. Durch Tokenisierung erhalten jegliche Vermögenswerte eine neue digitale Qualität. Sie werden in gewisser Weise intelligent, da wir über Smart Contracts fast alles damit anstellen können.

Wird es auch Initial Coin Offerings, ICOs, geben bei SDX?
SDX wird digitale IPOs ermöglichen. Aber ob und ab wann wir die Technologie dafür auch nutzen werden, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehört eine regulatorische Infrastruktur, die das Potenzial der Digitalisierung ausschöpft.

Weil solch eine regulatorische Infrastruktur fehlt, haben Kryptowährungen ja nicht immer den besten Ruf, und auch ICOs stehen zuweilen in der Kritik.
Das gilt es ernst zu nehmen, denn zurzeit gibt es keinerlei Kontrollen. Umso wichtiger sind saubere Prozesse. Etwa müssen wir in Zukunft sicherstellen können, dass das dem digitalen Vermögenswert zugrunde liegende Vermögen nicht kriminellen Ursprungs ist. Wenn wir das schaffen, werden zum Beispiel institutionelle Anleger zu den Ersten gehören, die davon profitieren wollen.

Ähnliches gilt bei den ICOs, die zurzeit dezentral und unreguliert ablaufen. Entsprechend hoch ist die Zahl der Betrugsfälle. Was wir anstreben, ist ein «weisser» ICO. Ab Frühjahr 2019 werden wir uns mit den Banken und der Schweizer Aufsichtsbehörde FINMA austauschen, wie ICO-Services von unserer Seite aussehen könnten. Wir müssen Standards definieren, vielleicht nicht so hohe wie für einen traditionellen Börsengang, aber auch nicht viel geringere.
 

Die Konkurrenz in Form von Digital Currency Exchanges hat es schwerer als wir.


Wenn wir gerade von Standards sprechen, wie reif sind die Regulatorien für eine Plattform wie SDX?

Nicht sehr reif. Wir stehen am Anfang. Für uns ist das ein Vorteil. Ein Teil der Regulatorien wird sich wohl kontinuierlich während des Aufbaus von SDX entwickeln. Unsere ICO-Services beispielsweise werden zu einem Präzedenzfall. Aufgrund der Erfahrung und des Stellenwerts von SIX in einem bereits regulierten Umfeld definieren wir die Anforderungen für die Zukunft in enger Zusammenarbeit mit der FINMA.

Klingt nach einem Schlüsselfaktor für den Erfolg.
In der Tat. Die Konkurrenz in Form von Digital Currency Exchanges hat es da schwerer als wir. Unser Weg von traditionellen zu digitalen Asset-Klassen ist glaubwürdiger zu beschreiten als deren Weg von einer unregulierten zu einer regulierten Struktur. Dazu kommt wie eingangs erwähnt unsere einzigartige Ausgangslage als etablierter Anbieter von Handel, Abwicklung und Verwahrung aus einer Hand. Wir sind prädestiniert, die Brücke zwischen bestehender und neuer Infrastruktur zu bauen. Es bietet sich uns eine riesige Chance, als First Mover nicht nur die Werte der Marke SIX, sondern auch die Werte der Marke Schweiz einerseits in die Waagschale zu werfen und anderseits noch zu stärken. SDX hat das Potenzial, die Schweiz im Herzen der digitalen Zukunft der globalen Finanzwirtschaft zu platzieren.