Start-up von SIX automatisiert Compliance


Start-up von SIX automatisiert Compliance

Mit JACOB will das gleichnamige Start-up von SIX unter anderem Compliance Officers helfen, die Bedeutung von Regulierungen und ihre dazugehörigen Daten besser zu verstehen. Jacob Gertel ist nicht nur Namensgeber, sondern auch das inhaltliche Gewissen, um nicht zu sagen die Seele des Automated Compliance Bots.

Start-ups sind nur etwas für junge Leute. Wer in diesen Tagen den F10 FinTech Incubator & Accelerator besucht, sieht dieses Vorurteil widerlegt. Im vierköpfigen Kernteam von JACOB beträgt das Durchschnittsalter nämlich 48 Jahre. Thibaut Rouquette, der zuständige Senior Innovation Manager von SIX, ist fast halb so alt wie das älteste Teammitglied. Das passt, denn das Corporate Start-up von SIX will neue Technologie mit jahrzehntelanger Erfahrung aus der Regulatory Compliance sowie mit Geschäftsprozessen verbinden. Für die neue Technologie sorgt unter anderem Géza Mihala, Software Engineer in der Geschäftseinheit Innovation & Digital bei SIX. Die jahrzehntelange Erfahrung bringt Jacob Gertel mit. Er ist bei SIX Senior Content Manager in der Geschäftseinheit Financial Information und beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit Regulatory Compliance. Das ist aber nicht der einzige Grund, wieso er Namenspate und Gallionsfigur des Projekts ist. Jacob’s Automated Compliance Bot, dafür steht der Begriff JACOB, sollte ursprünglich den Arbeitsalltag des «realen Jacobs» erleichtern.

Know Your Data
SIX liefert qualitativ hochstehende Daten zu über 70 Regulierungen und Steuergesetzen mit unzähligen landespezifischen Ausprägungen. Viele der den Daten zugrunde liegenden Dokumente gehen über Jacob Gertels Tisch: «Die Anzahl Regulierungen ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Und bestehende können sich jederzeit ändern. Ich dachte mir, neue Technologien wie künstliche Intelligenz könnten dazu beitragen, dass unsere Daten immer auf dem aktuellen regulatorischen Stand sind.» Kaum hatte Jacob Gertel diesen Gedanken ausgesprochen, wurde er schon zum Testnutzer Nummer eins.

Die Anzahl Regulierungen ist in den letzten Jahren stetig gewachsen.

Jacob Gertel, SIX


Jacob Gertel hat ein Kundenproblem formuliert, denn sein Alltag gleicht dem jedes Compliance Officers auf dem Finanzplatz. Auch sie kämpfen sich, bewaffnet mit Leuchtstift und Post-its, durch das Regulierungsdickicht. Sie markieren, annotieren und kommentieren fleissig – mit dem Ziel, die Bedeutung einer Regulierung für ihr Geschäft zu verstehen sowie ihre Daten und die damit verbundenen Prozesse besser kennenzulernen. «Know your data ist heute genauso wichtig wie know your customer», sagt Alexander Dorfmann. Der Senior Product Manager in der Geschäftseinheit Financial Information bei SIX führt das Team von JACOB und ist unter anderem für dessen strategische Ausrichtung zuständig: «Jedes Unternehmen sollte sich fragen, was will ich mit meinen Daten erreichen, was mache ich damit?»

«Post it!» statt Post-its
JACOB wird als Regulatory Service dabei helfen, diese Fragen zu beantworten, und den Kunden von SIX erlauben, ihre Compliance-Prozesse stärker zu automatisieren. Dafür macht JACOB erst einmal den Leuchtstift und die Post-its überflüssig. Das Markieren ge- schieht digital. Und damit auch das Annotieren. Wenn der Compliance Officer einen Begriff oder Satz in einem regulatorischen Dokument markiert, bietet ihm JACOB eine Verlinkung zu einem Feld in seiner Datenbank an. Ab der zweiten Markierung hat JACOB gelernt und kann sein Angebot verfeinern. Er kennt dann auch schon die passende Regulierung.
 

JACOB kann dazu beitragen, regulatorische Texte einheitlich auszulegen.

Alexander Dorfmann, SIX


Die Daten zu einem strukturierten Produkt klassifizieren dieses zum Beispiel als «komplexes Instrument» gemäss der Regulierung MiFID II. Nach dem Markieren ist das entsprechende Datenfeld mit dem dazugehörigen Abschnitt in der Regulierung verlinkt. Diese Verlinkung erleichtert die Analyse auf Seite der Banken: Warum dürfen wir dieses Produkt nur eingeschränkt an Privatanleger verkaufen? Aber auch Fragen in umgekehrter Richtung kann JACOB beantworten: Welche unserer Daten sind von MiFID II betroffen?


JACOB kreiert Wissen. Und weil dieses nicht nur als Post-it vorliegt, kann eine Community davon profitieren. Neben der Digitalisierung von regulatorischem Wissen ist das Veröffentlichen, also das Teilen desselben, der zweite wichtige Aspekt: «Nicht jeder Compliance Officer interessiert sich für dieselben Aspekte. Es hat nicht einmal jeder die gleichen Dokumente. Wir können uns ergänzen und so quantitativ neue Sphären erreichen», erklärt Jacob Gertel. «Und qualitativ», fügt Alexander Dorfmann hinzu. «Der Ruf nach Standards ist unüberhörbar. JACOB kann dazu beitragen, regulatorische Texte einheitlich auszulegen.»

Hier kommt das Kommentieren ins Spiel. JACOB erlaubt bei der Verlinkung auch Texteingaben. Diese kann die Community einsehen und diskutieren. Ein Rating-System à la TripAdvisor ist noch Zukunftsmusik. Das Markieren, Annotieren und Kommentieren sowie die Analyse wird jedoch schon in einer frühen Version von JACOB funktionieren. Diese wird Ende Mai 2019 vorliegen, am Ende der Zeit des Start-ups im F10. Early Adopters auf Kundenseite werden JACOB bis dahin ausgiebig testen. Spätestens dann wird sich zeigen, wie gut der Mensch Jacob die Herausforderungen seiner Branchenkollegen erkannt hat und wie zuverlässig der Bot JACOB diese meistert.