SIX FinTech Ventures – vom Incubator zum Business


SIX FinTech Ventures – vom Incubator zum Business

SIX FinTech Ventures investiert in Start-ups. Wem dienen die Investitionen und welche Absichten verfolgt SIX damit? Andreas Iten, Head Corporate Ventures, steht Rede und Antwort.

Andreas, Du bist Head Corporate Ventures. Klär mich bitte auf, was es mit SIX FinTech Ventures auf sich hat.

SIX FinTech Ventures investiert in FinTech-Unternehmen in einer frühen Entwicklungsphase. Wir verfolgen das Ziel, innovative Geschäftsideen voranzutreiben, die einen Impact auf den Schweizer Finanzplatz haben. SIX als Infrastrukturdienstleisterin steht in der Pflicht, den Schweizer Finanzplatz wettbewerbs- und zukunftsfähig zu halten. SIX FinTech Ventures kann dazu einen entscheidenden Beitrag leisten.

Welchen Kriterien folgt SIX FinTech Ventures bei der Auswahl der Investitionen?

Grundsätzlich muss die Geschäftsidee auf das übergeordnete Thema FinTech einzahlen. Dieses Thema ist natürlich sehr breit definiert, es geht über Payments bis hin zu Capital Markets, also ganz verschiedene Aspekte der Finanzindustrie. Dann müssen es skalierbare Geschäftsmodelle sein, die technisch realisiert werden. Denn erst Technologie macht das Ganze skalierbar. Und dann muss die Idee natürlich auch eine gewisse Relevanz für den Schweizer Finanzplatz haben.

Kannst Du da noch mehr ins Detail gehen?

Wir haben vier Fokusthemen definiert, die unserer Ansicht nach einen grossen Bedarf an Digitalisierung haben. Das sind die Bereiche Wealth Management, RegTech, Tokenisierung und Capital Markets. Da setzen wir Schwerpunkte, da legen wir unser Augenmerk drauf. Wir schränken uns aber selber nicht ein, sondern haben überall unsere Augen offen, solange es um FinTech geht. Wo wir günstige Gelegenheiten sehen, nutzen wir diese auch. Wir handeln pragmatisch.

Wir wollen Leute, die den Markt kennen und ein gutes Produkt in der Pipeline haben.


Du sprichst von Skalierbarkeit. Was muss ich mir genau darunter vorstellen?

Skalierbarkeit verstehen wir so, dass wir mit möglichst geringen Mitteln einen möglichst grossen Hebel erzeugen. Dabei kann es um Hebel wie Umsatz, Profitabilität oder Marktpotenzial gehen. Schlecht skalierbar sind Ideen und Geschäftsmodelle, die einen eingeschränkten Markt oder Nutzerkreis bedienen. Deshalb suchen wir Unternehmen mit Ideen und Produkten, die eine möglichst breite Basis der Finanzindustrie bedienen können. Das bedeutet auch, dass das Unternehmen idealerweise für möglichst viele Investoren interessant ist. Ein Start-up, für das als Investor nur ein Unternehmen in Frage kommt, hat im Normalfall kein gut skalierbares Produkt.

Ein gutes Beispiel aus einem völlig anderen Bereich ist die Zündkerze. Jedes Auto mit Verbrennungsmotor braucht Eine. Stelle ich nun Zündkerzen her, kann ich die theoretisch jedem Fahrzeugbesitzer verkaufen. Völlig unabhängig davon, wer das Auto produziert hat. Der Markt ist also genau so gross, wie es Autos mit Verbrennungsmotoren gibt. Ohne Einschränkung. Das ist grösstmögliche Skalierbarkeit.

Durch euer Investment stellt ihr dem Start-up Geld zur Verfügung, natürlich im Gegenzug für Anteile. Was könnt ihr darüber hinaus bieten?

Die finanzielle Beteiligung ist elementar, damit das Start-up selbst investieren, sich entwickeln und wachsen kann. Wir würden uns dadurch aber nicht von anderen Investoren unterscheiden, doch das tun wir. SIX FinTech Ventures kann auf Assets und eine enorm grosse Expertise innerhalb SIX zurückgreifen und gleichzeitig von verschiedensten Fähigkeiten profitieren, die wir in-house haben. Ins Gewicht fallen auch unsere Distributionskanäle und Kontakte, die einem Start-up ohne entsprechende Kanäle und Netzwerk enorm grosse Vorteile bieten.

Prioritär investieren wir in Unternehmen, die die Zukunftsfähigkeit unserer Branche sicherstellen und das durch innovative Ideen, Technologien und Geschäftsmodelle.


Ich stelle mir jetzt gerade den Nerd im Kapuzenpulli vor, der durch SIX Eintritt zur seriösen Finanzwelt erhält und dort mit seiner Idee oder seinem Produkt gross rauskommt. Liege ich richtig?

Nicht wirklich. Wahrscheinlich wäre der Nerd mit Kapuzenpulli ohne SIX nicht in der Lage, seine Idee an den Mann zu bringen. In diesen Nerd wollen wir nicht investieren. Wir wollen diejenigen haben, die auch ohne uns in der Lage sind, ihren Weg zu gehen. Wir wollen diejenigen haben, die den Markt kennen und ein gutes Produkt in der Pipeline haben. Wenn SIX dann dazu beitragen kann, dass der Erfolg schneller eintritt oder das Produkt einen noch grösseren Impact generiert, ja, dann sind wir an der richtigen Adresse. Grundsätzlich sollte das Unternehmen auch ohne uns überlebens- und wachstumsfähig sein. Wir wollen und können nicht die Probleme der Start-ups lösen, dazu müssen die Unternehmer selbst fähig sein. Wir unterstützen sie auf dem Weg zum Ziel.

Welche Start-ups haben euch bislang überzeugt, wo ist SIX FinTech Ventures investiert?

Stand März 2019 haben wir fünf Beteiligungen getätigt. Es handelt sich dabei um Shift Cryptosecurity, vestr, PassOn, Value3advisory und Tradeplus24.

SIX als Infrastrukturdienstleisterin steht in der Pflicht, den Schweizer Finanzplatz wettbewerbs- und zukunftsfähig zu halten.


Werdet Ihr die Gewinnabsichten realisieren können?

Wir investieren nur in attraktive Firmen, welche das Potenzial haben einen Return on Investment (ROI) für uns zu erzielen. ROI ist jedoch nicht unser primärer Antrieb, sondern hoffentlich das Resultat unserer Arbeit, denn wir investieren in erster Linie zugunsten des Finanzplatzes Schweiz und der Rolle von SIX als zentrale Infrastrukturdienstleisterin. Es ist wirklich wichtig zu verstehen, dass wir eine hybride Zielsetzung haben: Prioritär investieren wir in Unternehmen, die die Zukunftsfähigkeit unserer Branche sicherstellen und das durch innovative Ideen, Technologien und Geschäftsmodelle. Zum anderen werden diese, falls erfolgreich ein Exit stattfindet, uns auch Geld zurückbringen und somit unser finanzielles Investment zurückbezahlen. SIX FinTech Ventures unterstützt, was den gesamten Schweizer Finanzplatz stärkt. SIX profitiert davon in jedem Fall. Ob direkt oder indirekt spielt eine eher untergeordnete Rolle.

Schweizer Banken sind Shareholder von SIX. Investiert ihr auch in Unternehmen, die den Banken das Wasser abgraben könnten?

Grundsätzlich sind wir in unseren Entscheidungen völlig frei, wir können uns ohne Einschränkungen bewegen und investieren. Theoretisch ist also denkbar, dass wir auch in Ideen investieren, die zu einer fundamentalen Veränderung in dieser Branche führen. Warum auch nicht? Genau so bleibt SIX am Puls der Zeit, lernt von neu entstehenden Unternehmen und betreibt auch eine Art Hedging. Sollte ein solches Start-up tatsächlich eines Tages einen solch grossen Einfluss haben, würde es dann wahrscheinlich zu einem Übernahmekandidaten für die ganz grossen Player auf dem Markt werden. Da ist es für SIX natürlich auch finanziell von Vorteil, beteiligt zu sein. Eine solche disruptive Innovation ist auf dem Markt aktuell aber noch nicht erkennbar. Wäre sie es, wären wir mit einem Investment aber auch schon zu spät dran. Denn unsere Philosophie lautet, in frühen Phasen der Unternehmensentwicklung zu investieren. In solchen Phasen ist der endgültige Effekt einer Idee oder einer Technologie im Normalfall noch nicht in der ganzen Bandbreite absehbar.

Wir sprechen viel über Geschäftsmodelle, Ideen, Produkte. Hinter all dem stehen letztlich Menschen, Individuen. Was muss ich als Gründer mitbringen, um euch von mir zu überzeugen?

Du solltest deine Innovation bereits auf einen gewissen Stand getrieben haben. Ich meine damit, dass du mindestens den Stand erreicht haben solltest, den du auch mit einem erfolgreichen Durchlauf des F10-Programms erreichen würdest. Damit zeigst Du uns einerseits, dass Du selbst von Deiner Idee überzeugt bist, andererseits aber auch, dass Du selbständig fähig bist, wichtige Meilensteine zu erreichen. Das zahlt direkt auf unsere Philosophie ein, dass Du auch ohne uns in der Lage bist, Deine Idee zu verwirklichen. Team- und Lernfähigkeit sind elementar, denn alleine schafft es niemand an die Spitze und wer teamfähig ist, lernt meistens auch gerne was dazu. Du solltest lösungsorientiert denken und natürlich flexibel sein. Eine Idee lässt sich nie genau so umsetzen, wie sie geboren wird. Du musst dich neuen Gegebenheiten anpassen und diese schnell adaptieren können. Die Grundlage dafür ist, dass Du rechtzeitig erkennen kannst, dass sich die Gegebenheiten verändert haben. Damit stellst du unter Beweis, dass du einen sich ändernden Markt kennst und verstehst. Wir sprechen hier von klassischem Unternehmertum. Da kommt einiges zusammen.

Wann wird das erste Einhorn an der Börse gelistet, an dem SIX FinTech Ventures beteiligt ist?

(lacht) Das könnte noch eine Weile dauern. Wie schon erwähnt, ist es nicht unser prioritäres Ziel den grossen Reibach zu machen, auch wenn das sicherlich schön ist. Wir investieren mit einem langfristigen Horizont. Wir steigen früh in potenzielle Champions ein. Diese müssen sich zuerst entwickeln, das braucht Zeit. Ich spreche hier von einem Horizont von vier bis sieben Jahren. Und wir befinden uns noch ganz am Anfang dieser Entwicklung. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir erst 2018 angefangen haben, erste Investments zu tätigen. Es wäre übertrieben, bereits grosse Erwartungen zu haben. Auch Innovationen brauchen Zeit, um sich am Markt durchzusetzen. Nur weil eine Technologie Vorteile hat, heisst das nicht, dass sie morgen schon jedermann nutzt.

Ihr habt vor einigen Jahren mit dem F10-Incubator angefangen, erste Schritte in eurer eigenen Entwicklung zu machen. Wo steht ihr da jetzt?

Richtig, wir haben nicht mit SIX FinTech Ventures gestartet. Wir haben uns nun über mehrere Jahre Schritt für Schritt entwickelt. Ähnlich der Swiss-Value-Chain decken wir eine ganze Kette ab, nur ist es keine klassische Wertschöpfungskette, sondern eine Innovationskette. Wir sind in der Lage, Ideen zu entdecken, diese für den F10 zu gewinnen, dort zu beschleunigen und letztlich, bei entsprechenden Erfolgsaussichten, die notwendigen Investments durchzuführen. Diese Entwicklung hat mehrere Jahre in Anspruch genommen und war auch genauso vorgesehen. Ich hoffe, wir können dadurch auch Zweifel an den frühen Phasen dieser Entwicklung beseitigen. Rein strukturell gesehen, sind wir mit SIX FinTech Ventures am Ziel angelangt. Inhaltlich lernen wir aber jeden Tag dazu. So soll es auch sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

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