Schon Charles Darwin erkannte die Bedeutung der Konkurrenz für das Überleben einer Spezies. Der Wirtschaftswissenschaftler John Maurice Clark sah darin die Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum und technischen Fortschritt. Konkurrenz belebt aber nicht nur das Geschäft, sondern treibt auch Sportlerinnen und Sportler zu immer neuen Höchstleistungen. Drei unterschiedliche Perspektiven zeigen, dass das Konkurrenzprinzip im Prinzip konkurrenzlos ist.
Der Affenflüsterer
Dr. Pascal Marty ist als Kurator des Zoos Zürich ein Experte in Sachen Wildtiere und Tierhaltung. Seit rund einem Jahr ist der Biologe – Spezialgebiet Primaten – für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig.
«Im Tierreich ist der Konkurrenzkampf gleichbedeutend mit dem Kampf um die meisten Nachkommen. Wer am besten an Futter und Partner – beides beschränkte Ressourcen – herankommt, wird sich durchsetzen. Diese natürliche Auslese ist ein bestimmendes Prinzip der Evolution. Im Zoo können wir den Konkurrenzkampf um Ressourcen gezielt aushebeln, indem wir alle Tiere mit genug Nahrung versorgen. Um Konflikte um Fortpflanzungspartner zu vermeiden, können wir pro Art häufig nur ein Männchen halten. Bei einigen Arten ‹simulieren› wir die natürliche Auslese mithilfe internationaler Zuchtbücher. Das bedeutet, dass sich nur bestimmte, besonders geeignete Tiere fortpflanzen dürfen. Auch zwischen den Arten gibt es Konkurrenz. So müssen wir auf unserer grossen Savannenanlage mit sieben Tierarten dafür sorgen, dass es viele verschiedene Futterstellen gibt. Ansonsten würden die Nashörner das Futter monopolisieren. In der Natur haben viele Tierarten nach Millionen von Jahren ihre ökologische Nische gefunden. So braucht etwa der Koala bezüglich Eukalyptus wenig Konkurrenz zu fürchten.»
Die Olympionikin
Die Sportkletterin Petra Klingler wurde 2016 Weltmeisterin im Bouldern, dem Klettern ohne Seil. 2021 nimmt sie für die Schweiz an den Olympischen Spielen in Tokio teil in der neu geschaffenen Disziplin, die das Bouldern, das Klettern am Seil (Lead) und den Speed-Wettbewerb kombiniert.
«Auch als Sportkletterin messe ich mich mit anderen. Der Wettbewerb macht mich besser, weil ich gerade aus Niederlagen lernen kann. Ich frage mich dann, was hat meine Gegnerin besser gemacht. Als ich auch noch Kickboxerin war, versuchte ich die Schwächen der Konkurrentinnen auszunützen. Beim Klettern versuche ich, von deren Stärken zu profitieren. Denn im Grunde haben wir alle die gleiche Gegnerin: die Wand. Das geht so weit, dass wir im Final eines Boulder-Wettkampfs den Kurs vorab gemeinsam besichtigen und uns gegenseitig Tipps geben. Während des Wettkampfs müssen wir uns dann aber in Isolation begeben. Ich sehe erst im Videostudium zu Hause, wie meine Konkurrenz geklettert ist. Anders in dem auf einem Parallelkurs ausgetragenen Speed-Wettkampf, wo ich in Sekundenschnelle die Wand ‹hochrenne›. Meine Gegnerin im Augenwinkel zu sehen, gibt mir dabei einen Extraschub. Das Duell fängt schon vorher an. Durch einen selbstbewussten Auftritt erreiche ich die Körperspannung, um beim Startschuss alle Kraftreserven abrufen zu können.»
Der Marktführer
Christian Reuss ist seit zwölf Jahren bei SIX und seit Oktober 2020 Head SIX Swiss Exchange. In dieser Rolle bereitete er SIX auf die Rückkehr des Wettbewerbs im Schweizer Aktienhandel vor. Dieser war aus politischen Gründen seit dem 1. Juli 2019 ausgesetzt, wodurch sich fast das gesamte Handelsvolumen auf den Heimmarkt verlagerte.
«Die seit 2007 geltende Finanzmarktrichtlinie MiFID sollte den europäischen Börsenhandel durch Konkurrenz beleben. Dies hat durchgehend funktioniert – mit einer Ausnahme: Zwischen Juli 2019 und Januar 2021 fand der Handel mit Schweizer Aktien fast vollständig an der Schweizer Börse statt. Ursache waren politische Unstimmigkeiten zwischen der Eidgenossenschaft und der EU. So erscheint es fast logisch, dass eine weitere politische Entscheidung, nämlich der Brexit, zur Wiederaufnahme des Wettbewerbs per 3. Februar 2021 geführt hat. Die Schweizer Börse hat aber – zumindest gefühlt – auch in der Phase dazwischen nie aufgehört, sich im Konkurrenzkampf zu beweisen. Wir konnten unseren Kunden einerseits neue Funktionalitäten offerieren und andererseits den Marktteilnehmern die Vorzüge einer Liquidität aufzeigen, die auf einen Handelsplatz konzentriert ist: höhere Effizienz, grössere Volumina zum besten Preis und eine stärkere Widerstandskraft gegenüber externen Schocks wie der Covid-19-Krise. Nun freuen wir uns darauf, wieder gemeinsam mit unseren Wettbewerbern den Schweizer Markt voranzubringen.»
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