In seinem Gastbeitrag auf «Forbes.com» bemängelt Ross Gerber die Zusammenstellung gewisser ESG-Fonds. ESG steht für Environment, Social und Governance. Der CEO und Verwaltungsratspräsident von Gerber Kawasaki Wealth and Investment Management ist der Ansicht, dass immer wieder auch Unternehmen in ESG-Fonds gelangen, die sich kaum oder nur teilweise mit ihrem ökologischen und gesellschaftlichen Verhalten sowie der Art ihrer Unternehmensführung hervortäten.
Es liegt mir fern zu beurteilen, ob zum Beispiel ein Unternehmen, das viele Arbeitsplätze schafft und Diversity lebt, in einem ESG-Fund Platz haben sollte, wenn es dadurch einen grossen ökologischen Fussabdruck aufwiegt. Ich lasse es auch mal dahingestellt, ob Investoren durch gewisse ESG-Funds getäuscht werden, wie es Ross Gerber etwas drastisch formuliert. Die Schlagzeile zeigt aber deutlich, dass es verschiedene Sichtweisen auf ESG gibt.
Bedürfnis nach Richtlinien
Allein im letzten Jahr ist gemäss dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug die Anzahl nachhaltiger Publikumsfonds mit Schweizer Vertriebszulassung von 595 auf 777, das darin verwaltete Vermögen von 198 auf 316 Milliarden Franken gestiegen. Es besteht ein entsprechend grosses Bedürfnis nach allgemeingültigen Richtlinien, wenn es um ESG-Kriterien geht. Mit den neuen ESG-Indizes von SIX möchten wir solide und unabhängige Benchmarks für den Schweizer Anleihen- und Aktienmarkt etablieren.
Für die Berechnung der Indizes greifen wir auf Daten der unabhängigen Schweizer Nachhaltigkeits-Ratingagentur Inrate zurück. Deren ESG-Impact-Rating misst die positiven und negativen Auswirkungen – oder eben Impacts – der Emittenten auf Umwelt und Gesellschaft. Als Emittenten in Frage kommen neben Unternehmen auch Staaten, Institutionen und öffentliche Körperschaften.
Emittenten mit einem ESG-Impact-Rating von C und schlechter sowie solche mit 5 % oder mehr Umsatz in den Sektoren Erwachsenenunterhaltung, Alkohol, Rüstungsgüter, Wettspiele, Gentechnik, Atomenergie, Kohle oder Tabak schliessen wir von den Indizes aus. Emittenten, die mit Ölsand Umsatz generieren oder auf der Ausschlussliste des Schweizer Vereins für verantwortungsbewusste Kapitalanlagen stehen, fliessen ebenso wenig in die Indizes ein.
Die neuen Indizes von SIX für Anleihen und Aktien ermöglichen es Investoren, auf die Emittenten zu setzen, die gemäss Inrate nachhaltig handeln und wirtschaften. Der Swiss Bond Index (SBI) erhält mit dem SBI ESG ein nachhaltiges Pendant. Der Swiss Performance Index (SPI) bildet die Grundlage für den SPI ESG und den SPI ESG Weighted, die die Nachhaltigkeitslücke im Schweizer Aktienmarkt schliessen.
Andreas Henke
Seit 2017 ist Andreas Henke Senior Product Manager in der Geschäftseinheit Financial Information von SIX und zuständig für die Entwicklung und Lancierung neuer Anleihenindizes. Ausserdem arbeitet er bei regulatorischen Themen rund um das Indexgeschäft mit. Zusammen mit der Bond-Index-Kommission und Marktteilnehmern verfasst er Vorschläge zu Regelanpassungen des Swiss Bond Index und setzt diese mit seinen Teamkollegen um. Andreas Henke hat insgesamt 20 Jahre Erfahrung im Finanzwesen, davon 10 Jahre bei Indexanbietern und 10 Jahre in der Vermögensverwaltung.