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«Wir präferieren das Zuckerbrot, aber manchmal braucht es eben doch die Peitsche», kommentierte Sylvie Durrer, Direktorin des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG), die Bemühungen der Schweizer Regierung in Sachen Gleichstellung. Ihr gehörte das erste Wort bei einer von SIX gemeinsam mit dem International Institute for Management Development (IMD) organisierten Paneldiskussion. Die Veranstaltung unter dem Titel «Carrot or Stick: the Impact of Government Gender Policy» fand im Rahmen des ersten Diversity & Inclusion Month (D&I Month) von SIX im März 2022 statt.
Direktorin Durrer gab den mehr als 150 online Teilnehmenden zunächst einen kurzen historischen Abriss über den seit 1971 mit dem Wahlrecht für Frauen eingeschlagenen Weg zur rechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau in der Schweiz. Seither sei zwar viel passiert, doch es bleibe auch noch viel zu tun, wie in der im April 2021 verabschiedeten nationalen Gleichstellungsstrategie 2030 ersichtlich sei. De facto sind heute in der Schweizer Wirtschaft immer noch 83 % der Positionen im Topmanagement von Männern besetzt. Während Frauen auf der untersten Führungsebene noch 40 % der Belegschaft stellen, nimmt ihr Anteil mit jeder nächsthöheren Hierarchieebene stetig ab. Die Schweiz ist damit aber nicht allein: Laut dem Global Gender Gap Report des WEF sind weltweit lediglich 27 % aller Kaderpositionen mit Frauen besetzt.
In Diversity zu investieren zahlt sich aus
Um dies zu ändern, ist laut Sylvie Durrer der Aufbau einer umfassenden Infrastruktur für die Kinderbetreuung und die Erziehung – wie sie beispielsweise im Nachbarland Frankreich vorhanden ist – die Voraussetzung. Die Schaffung bezahlbarer Kindertagesstätten sei die «Billion Dollar Question» und vor allem die Unternehmen seien in der Pflicht, in eine solche Infrastruktur zu investieren.
Dass sich solche Investitionen bezahlt machen, wurde bereits mehrfach nachgewiesen. Eine Studie des Competence Centre for Diversity & Inclusion der Universität St. Gallen besagt etwa, dass hierzulande rund 54’000 Frauen mit einer abgeschlossenen Hochschulbildung ihre Fähigkeiten nicht in den Arbeitsmarkt einbringen. Das Schweizer Bruttoinlandsprodukt (BIP) könnte gemäss dieser Studie um rund 190 Milliarden Schweizer Franken höher liegen, wenn die Erwerbsbeteiligung der Frauen bis 2025 derjenigen der Männer entspräche. Und ein höheres BIP bedeutet letztlich einen grösseren Wohlstand für alle.
Die Unternehmenskultur ist wichtiger als Prozesse
Den Ausführungen von Direktorin Durrer konnte sich Jos Dijsselhof nur anschliessen. Der CEO von SIX sieht es als eindeutig erwiesen an, dass eine gemischte Belegschaft zu besseren Unternehmensergebnissen führt. Gemeinsam mit Magali Anderson, Chief Sustainability and Innovation Officer von Holcim, und David Bach, Professor of Strategy and Political Economy am IMD, sass Jos Dijsselhof im Panel der Veranstaltung, das von der Journalistin Hannah Wise moderiert wurde. «Die Peitsche wird gebraucht, denn sie hilft, in die richtige Richtung zu lenken», sagte Jos Dijsselhof. Aber der so eingeschlagene Weg müsse dann auch von den Mitarbeitenden aus eigener Überzeugung gegangen werden und einen Kulturwandel des Unternehmens herbeiführen. Denn letztlich sei die Kultur in einem Unternehmen wichtiger als die Prozesse.
Um die Gestaltung einer offenen, multikulturellen, alters- und geschlechtsgemischten Unternehmenskultur ging es im Grunde während des ganzen D&I Month von SIX. An insgesamt 21 Veranstaltungen haben Mitarbeitende von SIX und externe Fachleute das Thema ausgiebig und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und analysiert. «Es dreht sich ja nicht nur um die Gleichstellung von Mann und Frau, sondern um die Inklusion aller Mitarbeitenden, egal welchen Alters, welchen Geschlechts, welcher Religion oder Herkunft», berichtet Patricia Gilliard, Senior Specialist Diversity & Inclusion bei SIX und eine der Organisatorinnen des unternehmensweit zelebrierten D&I Month.
Diversity & Inclusion Month bei SIX: eine Agenda voller Überraschungen
Dank des breit gefassten Blickwinkels fand sich auch Überraschendes auf der Agenda, wie beispielsweise eine Veranstaltung zum Thema Autismus und zu den besonderen Stärken autistischer Menschen. «Auch hier darf es keine Berührungsängste geben, Autisten verfügen über enorme Fähigkeiten, die unter anderem für IT-Projekte und datenbasierte Aufgaben sowie für die entsprechenden Teams sehr bereichernd sein können», erklärt Patricia Gilliard den Hintergrund.
Das Programm des D&I Month stiess auf positive Resonanz bei den Mitarbeitenden: «Danke für die professionelle Organisation der verschiedenen Veranstaltungen. Mir hat der Workshop zum ‹Imposter Syndrome› besonders gut gefallen. Gewisse Methoden konnte ich bereits nutzen und aktiv anwenden», schreibt zum Beispiel Claudia Zeuren, Senior IT Security Officer bei SIX als Feedback. Den Teilnehmenden wurde gezeigt, wie sie Selbstzweifel an den eigenen Fähigkeiten überwinden und erzielte Erfolge auch wirklich sich selbst zuschreiben können.
Wie setzt SIX Diversity & Inclusion um?
Diversity & Inclusion (D&I) ist seit 2021 fest in der Unternehmensstrategie von SIX verankert. Erklärtes Ziel ist es, bis 2023 auf der Führungsebene mindestens 25 % Frauen zu zählen. 2021 wurde der Anteil um 2,9 % auf 22,2 % gesteigert. Ein eigens einberufener D&I-Vorstand und Senior Specialist Diversity & Inclusion Patricia Gilliard als Themenverantwortliche treiben das Thema bei SIX voran. Das Engagement trägt Früchte in Form vieler interner Initiativen und externer Anerkennungen:
- Gründung des Gender Diversity Networks
- Gründung einer LGBT+-Community innerhalb von SIX
- regelmässige Durchführung eines «Girls 4 IT»-Tages und eines «Women in Cyber Day»
- «parents@work» zur Entlastung und Beratung berufstätiger Eltern
- vier Wochen Elternzeit für Väter
- Erhalt des Siegels «D&I Journey» vom Kompetenzzentrum für Diversity & Inclusion der Universität St. Gallen
- Erhalt der «Fair-ON-Pay»-Zertifizierung für Lohngleichheit
Ring the Bell for Gender Equality
Wortwörtlich eingeläutet wurde der D&I Month mit dem schon traditionellen «Bell Ringing» zum Weltfrauentag am 8. März. Auf dem Madrider Börsenparkett der zu SIX gehörenden spanischen BME läuteten Frauen am frühen Morgen den Weltfrauentag ein, an SIX Swiss Exchange in Zürich beendeten Frauen den Handelstag mit einem erneuten «Ring the Bell for Gender Equality».
An beiden Standorten hat sich das Läuten der Glocken in den letzten Jahren zu einem beliebten Anlass für die lokale Finanzbranche entwickelt. In Zürich wurde das «Bell Ringing» das achte Jahr in Folge gemeinsam mit mehr als 50 Frauen (und Männern) aus der Finanzbranche zelebriert. Bei den lebhaften Diskussionen ging es unter anderem um die Frage, wie man Frauen allgemein für Finanzthemen interessieren könnte. In einer Live-Abstimmung sprach sich das Publikum dafür aus, weitere Finanzprodukte speziell für Frauen zu entwickeln, um sie für das Thema Finanzen zu sensibilisieren.
Was bringen Gleichstellungsindizes?
Gemeinsam mit der spanischen BME wurde auch die Veranstaltung über Gleichstellungsindizes durchgeführt. Für beide Märkte misst ein entsprechender Gender Equality Index die börsenkotierten Unternehmen anhand ihrer Bemühungen zur Gleichstellung der Geschlechter. Für den Schweizer SPI Gender Equality Index müssen Unternehmen einen Frauenanteil im Verwaltungsrat von 20 bis 80 % aufweisen und im Management von 15 bis 85 %. Solche Aktienindizes sind ein modernes und einfaches Mittel, damit man die Finanzströme lenken kann. Je mehr Investoren auch Genderfragen bei der Wahl ihrer Investitionen berücksichtigen, desto mehr gewinnen die Firmen, die das Thema bereits erfolgreich umsetzen. Das verhilft letztlich dem ganzen Diversity-Thema auch am Finanzmarkt zu Aufwind und mehr Aufmerksamkeit.
LGBT+-Community sorgt für Farbe
Aufmerksamkeit erregen, Aufmerksamkeit erhalten – das ist in der schnelllebigen Zeit ein immer schwierigeres Unterfangen. Die queere Community greift dafür zu den Regenbogenfarben und auch gerne mal zu schrillen und provokanten Outfits – wie sie jährlich anlässlich der Pride bewundert werden können. Auch die LGBT+-Community von SIX war bei der letzten Pride vertreten. Die im März 2021 gegründete Gemeinschaft hat bereits über 60 Mitglieder und pflegt einen regen Austausch. Im D&I Month war das Thema der geschlechtlichen Identität mit Veranstaltungen zu «Gender Fluidity» und «Trans - Diversity» ebenfalls vertreten.
Am 31. März endete der D&I Month von SIX und Patricia Gilliard zieht freudig Bilanz. «Ich bin sehr froh und stolz, dass wir so etwas wie den D&I Month bei SIX überhaupt machen können», sagt sie. «Wir konnten sehr viele Mitarbeitende für Diversität und Inklusion sensibilisieren.» Insbesondere das Interesse der Mitarbeitenden in den beiden Hauptmärkten Schweiz und Spanien sei gross gewesen. Für eine weitere Austragung erhofft sie sich noch etwas mehr Beteiligung aus den Ländergesellschaften, immerhin ist SIX in 21 Ländern mit eigenen Niederlassungen vertreten. «Auch das ist Diversität», schmunzelt sie.
Eine Kultur der Vielfalt und Inklusion zu schaffen ist nicht nur richtig, sondern auch ein sehr wichtiger und nachhaltiger Wachstumsfaktor. Wir schätzen das breite Spektrum an Perspektiven, die Teammitglieder mit unterschiedlichem Hintergrund einbringen. Das macht unsere Arbeit spannend, stärkt die Innovationskraft und hilft uns, die Finanzmärkte zu verändern.
Dafür brauchen wir auch Mitarbeitende, die Ideen für Lösungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und andere Perspektiven einbringen.
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