Letzte Vorbereitungen für T+1

In Nordamerika steht die Einführung von T+1 an, während die europäischen Märkte vorerst noch eine abwartende Haltung einnehmen.

Nach zwei Jahren gründlicher Vorbereitung und branchenweiter Tests werden die USA, Kanada und Mexiko im Mai 2024 den Abwicklungszyklus T+1 einführen. Indien hat T+1 bereits im Januar 2023 übernommen und wird in diesem März den freiwilligen Abwicklungszyklus T+0 (Abwicklung am selben Tag) einführen. Zudem wird die Möglichkeit einer Abwicklung in Echtzeit ab 2025 geprüft. Dies würde Finanztransaktionen im indischen Markt beschleunigen und ihre Effizienz deutlich steigern.

T+1 soll in Nordamerika in weniger als fünf Monaten eingeführt werden. Vor diesem Hintergrund befassen sich viele Finanzinstitute – vor allem in Europa und Asien – derzeit mit der vollständigen Vorbereitung auf die anstehenden Änderungen.

«Die Einführung von T+1 in Nordamerika wird angesichts der unterschiedlichen Zeitzonen der Märkte für europäische und asiatische Unternehmen Veränderungen auf Käufer- und Verkäuferseite mit sich bringen. Davon werden auch verschiedene Aktivitäten (z. B. Währungsmanagement, Wertpapierleihe und -verleih, Kapitalmassnahmen und Abwicklungen im Zusammenhang mit Exchange Traded Funds (ETFs), Zweitnotierungen und American Depository Receipts) betroffen sein. Angesichts kürzerer Trade-Verarbeitungszeiten könnte es zu einer Zunahme fehlgeschlagener Transaktionen und damit einhergehender Strafen kommen. Insbesondere in Asien und Europa dürfte dies ein Problem darstellen. Für die Branche ist es unerlässlich, die Zeit bis Mai 2024 zu nutzen, um die Systeme im Hinblick auf eine reibungslose Umstellung auf T+1 vorzubereiten und zu prüfen», so Jesus Benito, Head Domestic Custody and TR Operations, SIX.

In der EU und in Grossbritannien finden derzeit branchenweit Konsultationen hinsichtlich kürzerer Abwicklungszyklen statt, doch wann mit T+1 zu rechnen ist, ist noch unklar. In Grossbritannien wächst die Kluft zwischen Vertretern, die eine enge Abstimmung mit dem T+1-Zeitplan in den USA wünschen, und jenen, die auf die ein gemeinsames Vorgehen mit der EU setzen, die allerdings noch keinen endgültigen Einführungstermin für T+1 festgesetzt hat.

Ein Grund für die Zurückhaltung der EU ist die Komplexität einer Einführung von T+1 in allen 27 Mitgliedstaaten. Während es in den USA und Kanada nur einen Zentralverwahrer (CSD) gibt, bestehen in der EU dutzende CSDs, die jeweils über eigene Systeme, Prozesse und Technologien verfügen. Wenige Beobachter gehen davon aus, dass die EU den T+1-Abwicklungszyklus erst gegen Ende des Jahrzehnts einführen wird, was die Marktfragmentierung noch verschärfen könnte.

Dank einem direkten Marktzugang in den USA, Europa und Asien ist SIX gut positioniert, um ihre internationalen Kunden in den kommenden Monaten und Jahren im Hinblick auf die neuen T+1-Anforderungen zu unterstützen.

Alles dreht sich ums Clearing

Aufgrund von Änderungen der bestehenden Vorschriften und einer möglichen Neuausrichtung des Geschäftsmodells für das Clearing zentraler Gegenparteien (CCP) werden zentralisierte Clearingdienstleistungen 2024 umfangreichen strukturellen Anpassungen unterliegen.

Angesichts der Tatsache, dass 90 % der auf Euro lautenden Zinsswaps (IRS) derzeit über eine britische CCP abgewickelt werden, befürchtete die EU im Zusammenhang mit dem Brexit ein systemisches Risiko und drängte daher darauf, das IRS-Clearing stärker in die EU zu verlagern.  Vorgeschlagene Änderungen der European Market Infrastructure Regulation (EMIR) werden finanziellen und nicht finanziellen Gegenparteien in der EU die Verpflichtung auferlegen, aktive Konten bei EU-CCPs zu unterhalten, neben Clearing-Mindestquoten bei EU-CCPs für bestimmte auf Euro lautende OTC-Derivate.

«Angesichts der neuen EMIR-Anforderungen wenden sich nun viele Finanzinstitute für die Unterstützung in Bezug auf ihre IRS-Clearingpflichten an SIX», so Jose Manuel Ortiz, Head Clearing and Repo Ops., SIX.

«SIX Clearing möchte nicht nur konventionelle Anlagen unterstützen. Infolge der regulatorischen Entwicklungen in den USA, in deren Rahmen die Securities and Exchange Commission einen Bitcoin-Spot-ETF zugelassen hat, ist davon auszugehen, dass das Anlegerinteresse für digitale Anlagen, darunter auch Krypto-Währungen und Sicherheitstoken, 2024 steigen wird.  Wir rechnen damit, dass ab 2024 eine höhere Zahl digitaler Vermögenswerte zentral gecleart werden. SIX hat entsprechend Kapazitäten für das Clearing börsengehandelter Krypto-Währungsprodukte aufgebaut – eine Lösung, die bald auch auf Krypto-Derivate ausgeweitet werden wird», ergänzt Ortiz.

Die laufende Debatte rund um die Interoperabilität von CCPs im Gegensatz zu bevorzugtem Clearing und bevorzugtem interoperablen Clearing wird auch 2024 anhalten. Der Bedarf an Interoperabilität, bei der die Gegenparteien wählen können, mit welcher CCP sie ihre Geschäfte abwickeln, geht derzeit zurück, zum Teil, da einige Handelsplätze und Börsen die Kooperation verweigern.  Das Interesse an bevorzugtem Clearing nimmt hingegen kontinuierlich zu. In diesem Fall müssen beide Gegenparteien eines Geschäfts ihre bevorzugte CCP wählen. Besteht keine Übereinstimmung, wird das Geschäft an eine Standard-CCP weitergeleitet.  Mittlerweile besteht auch eine dritte Option: das bevorzugte interoperable Clearing, bei dem mehrere bevorzugte CCPs neben der etablierten CCP bestehen.  Bei der Frage, welches Clearingmodell anzuwenden ist, dürfte in der Branche auch 2024 weiter Uneinigkeit herrschen.

Strengere EMIR-Meldepflichten

Die im Rahmen von EMIR Refit aktualisierten Meldepflichten bedeuten für die betroffenen Unternehmen einen erheblichen Ressourcenaufwand. Die neuen Regelungen für die Meldung von OTC- und börsengehandelten Derivativen treten in der EU am 29. April und in Grossbritannien am 30. September in Kraft.

Das Ausmass der Veränderungen ist beträchtlich.

Zum einen hat sich die Zahl der Berichtsfelder drastisch erhöht – von 129 auf 203 in der EU und auf 204 in Grossbritannien.  Zum anderen erfolgt nun eine genauere Angabe des Nennwerts, und die Standardisierung wurde ausgeweitet, sodass die Meldungen nun auf den XML-Standards gemäss ISO 20022 basieren. [i]

Grossbritannien und die EU haben unterschiedliche Fristen festgelegt. Das bedeutet, dass die von den unterschiedlichen Regelungen «überrumpelten» Institute den neuen Meldepflichten in der EU bereits fünf Monate vor Einführung der britischen Vorschriften nachkommen müssen. [ii] «Die Einführung der Meldepflichten gemäss EMIR Refit steht kurz bevor, und die Finanzinstitute sollten die Entwicklung genau beobachten. Unternehmen sind gefordert, ihre bestehende Meldepraxis gründlich zu überarbeiten, um die Konformität zu gewährleisten», so Thomas Steimann, Head REGIS-TR, SIX.

Securities Finance in Zeiten steigender Zinsen

Effektive Lösungen für das Collateral Management werden 2024 weiter an Bedeutung gewinnen.

Nach einer Reihe von Zinsanhebungen wird es für Finanzinstitute zunehmend schwerer, Handelsgeschäfte zu finanzieren und Sicherheitsleistungen zu erbringen. Viele suchen daher nach alternativen Finanzierungsquellen, zum Teil auch am Repo-Markt. Eine grosse Zahl von Organisationen hält nach wie vor an manuellen Prozessen fest, was den Zugang zum Repo-Markt deutlich erschweren kann.

Angesichts der wachsenden Nachfrage nach Sicherheiten aufgrund der jüngsten Vorschriften (d. h. der Start von Phase 6 der Uncleared Margining Rules) in Verbindung mit schwierigen makroökonomischen Bedingungen sehen sich Finanzinstitute zunehmend unter Druck. «Viele Unternehmen verwalten ihre Sicherheiten über isolierte Middle- und Back-Offices unter Anwendung von Systemen, die auf unterschiedlichen Technologie-Stacks beruhen. Dies erhöht die Komplexität und hemmt die Transparenz, was zu teuren manuellen Eingriffen führt und die Fehleranfälligkeit erhöht.   Sinnvolle Systeme für das Collateral Management werden 2024 weiter an Bedeutung gewinnen», kommentierte Nerin Demir, Head Repo and Collateral Management, SIX.

Steigende Anforderungen im Jahr 2024

Die Branche wird in diesem Jahr massgeblich von kürzeren Abwicklungszyklen, regulatorischen Änderungen, verstärkter Produktdiversifizierung und schwierigen Bedingungen für das Collateral Management bestimmt werden.

«Unsere Branche sieht sich zu Beginn des Jahres 2024 mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert – eine Situation, die durch die komplexe geopolitische Lage verschärft werden dürfte. Um unter diesen schwierigen Marktbedingungen zu bestehen, ist es unerlässlich, dass sich Organisationen an Dienstleister wenden, die über umfassende Expertise, einen starken Track Record in Sachen Innovation und eine breite Palette an Produkten und Dienstleistungen verfügen», so Javier Hernani, Head Securities Services, SIX.

[i], [ii]  Simmons & Simmons – 20. November 2023 – EMIR Refit reporting changes – recap and timeline

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