Kürzere Abwicklungszeiten werden Realität

Die Zukunft der Transaktionsabwicklung war ein wichtiges Thema an der Sibos, da eine Reihe von Märkten – vor allem die USA – bis 2024 T+2 durch T+1 ersetzen werden. Kürzere Abwicklungszeiten bieten zwar umfangreiche Vorteile in Bezug auf Risiken, können aber auch Probleme verursachen. So könnten einige Finanzinstitute – vor allem in Zeitzonen ausserhalb der USA – gezwungen sein, ihre Transaktionen im Voraus zu finanzieren.

In anderen Fällen wird davor gewarnt, dass die Zahl der fehlgeschlagenen Transaktionsabwicklungen sprunghaft ansteigen könnte, da die Intermediäre weniger Zeit haben werden, um etwaige Probleme vor der Abwicklung zu klären. So könnten Finanzinstitute im Rahmen von Vorschriften wie der Abwicklungsdisziplin («Settlement Discipline Regime») der Verordnung über Zentralverwahrer (CSDR) mit zusätzlichen Geldstrafen belegt werden.

Die Haltung der europäischen Länder zu kürzeren Abwicklungszyklen ist schwieriger zu beurteilen. Obwohl es Berichte darüber gibt, dass das Vereinigte Königreich seinen Post-Brexit-Status nutzen wird, um T+1 einzuführen, bleibt die EU diesbezüglich zurückhaltend. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Erstens hat die EU gerade erst die CSDR eingeführt und wird wahrscheinlich abwarten, bis diese Verordnung ordnungsgemäss umgesetzt ist, bevor sie T+1 einführt.

In der Praxis wird die Umsetzung von T+1 in der EU viel komplizierter sein als in den USA, da es in den Mitgliedstaaten mehrere Zentralverwahrer und Regulierungssysteme gibt. Die Experten sind sich weitgehend einig, dass es mehrere Jahre dauern wird, bis T+1 in Kraft tritt.

Javier Hernani, Head Securities Services bei SIX warf jedoch die Frage auf, ob es für Europa nicht sinnvoller wäre, neue Technologien für die Umsetzung der verkürzten Abwicklung zu nutzen, anstatt in Altsysteme zu investieren, insbesondere wenn die Umstellung mehr als beispielsweise fünf Jahre dauern sollte. Mehr von Javier Hernani zu diesem Thema finden Sie in diesem von Global Custodian veröffentlichten Artikel.

Digitale Vermögenswerte kommen über das Experimentierstadium hinaus

Der Appetit auf digitale Vermögenswerte ist trotz des jüngsten Krypto-Winters ungebrochen. Obwohl institutionelle Anleger Kryptowährungen skeptisch gegenüberstehen, besteht ein Interesse an tokenisierten Wertschriften.

Einige Verwahrer versuchen bereits, aus dem wachsenden Interesse an Token-basierten Vermögenswerten Kapital zu schlagen, indem sie neben ihren bestehenden Verwahrungsprodukten digitale Verwahrungsplattformen einrichten. So hat SIX mit SDX (SIX Digital Exchange) eine neue und ambitionierte Finanzmarktinfrastruktur (FMI) ins Leben gerufen, die die Emission, die Kotierung, den Handel, die Verwahrung und die Abwicklung von digitalen Vermögenswerten unterstützen kann.

Zentralbankwährungen (CBDCs) wurden auf der Sibos ebenfalls ausführlich diskutiert. Das Konzept der CBDCs ist sehr interessant, wenngleich eine zunehmende Marktfragmentierung in diesem Bereich zu befürchten ist. In diesem Zusammenhang wird zunehmend gefordert, dass die Länder zusammenarbeiten, um die Interoperabilität zwischen den verschiedenen CBDC-Plattformen und Nicht-CBDC-Plattformen zu erleichtern.

Einen vollständigen Überblick über unsere Videos, Artikel, Interviews und Präsentationen zur Sibos 2022 finden Sie auf der Veranstaltungsseite "SIX at Sibos".

Die Zukunft des Finanzwesens

Der CEO von SIX, Jos Dijsselhof, stellte an der Sibos die Ergebnisse der «Future of Finance Study» vor, die jüngste Umfrage von SIX zur Zukunft des Finanzwesens. Trotz des Risikos steigender Zinssätze und zunehmender Inflationsängste blicken die Finanzinstitute laut Dijsselhof weitgehend zuversichtlich in die Zukunft. 90 % der befragten Führungskräfte erwarteten in den nächsten drei Jahren ein starkes oder moderates Wachstum, wobei die Investmentbanken am optimistischsten waren, gefolgt von Asset Managern und Retailbanken.

Am wenigsten optimistisch sind der Umfrage zufolge jedoch die Asset Servicer: Nur 35 % der Befragten gaben an, dass ihr Unternehmen gut für Wachstum positioniert sei.

Es gebe eine Reihe von Chancen für Finanzinstitute, die sie nutzen könnten, so Dijsselhof. Dazu gehörten der wachsende Wert der Datenanalyse, das Potenzial neuer Anlageklassen (d. h. digitaler Vermögenswerte) und die digitale Transformation, also die Abkehr von manuellen Prozessen zugunsten der Automatisierung.

Dennoch betonte Dijsselhof, dass die Branche mit Risiken konfrontiert sei, darunter Inflation und eine stagnierende Wirtschaft, die zunehmenden Probleme durch Cyberkriminalität, geopolitische Unbeständigkeit und akuter Fachkräftemangel. Ausserdem hätten Finanzdienstleistungen nicht mehr die gleiche Anziehungskraft auf junge Talente wie früher, dies sei ein Problem, das dringend gelöst werden müsse.

Future of Finance Study

An Insight into the Minds of Financial Industry Executives around the Globe

Countdown bis Toronto

Nach der erfolgreichen Sibos in Amsterdam, an der persönliche Kontakte endlich wieder möglich waren, freut sich SIX darauf, im nächsten Jahr an die Sibos in Toronto zurückzukehren.