Formula Student: Wenn Studierende an der Zukunft des Elektroautos bauen

Formula Student: Wenn Studierende an der Zukunft des Elektroautos bauen

SIX engagiert sich als Sponsorin des EPFL Racing Teams, eines Teams aus Studierenden, das jedes Jahr einen neuen elektrischen Rennwagen baut. Damit treten sie bei der Formula Student an. Erhalten Sie in diesem Blogpost einen Blick hinter die Kulissen des Ingenieurswettbewerbs für Studierende.

Ein Leistungsgewicht von weniger als 2 Kilogramm pro PS und eine Beschleunigung von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde innerhalb von weniger als 3 Sekunden, das ist schneller als ein Lamborghini Huracán, ein Mercedes-AMG GT S oder ein Audi RS e-tron GT. Doch hier ist nicht etwa von einem McLaren Senna die Rede, sondern von Artemis, einem elektrisch angetriebenen Wagen, entwickelt von Studierenden der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL).

EPFL Racing Team – wie ein Start-up, aber ohne Löhne

Es ist Samstagmittag. Und auf dem Flugplatz in Dübendorf knallt die Sonne bei 30 Grad auf den Asphalt. In einer Halle neben der Landebahn herrscht wildes Treiben. Denn an diesem Wochenende findet das erste Rennen der Formula Student statt, ein Wettbewerb wie die Formel 1, nur anders – und mit viel weniger Geld.

Trotz der Hektik in der Boxengasse wirkt Alex Reis de Matos keinesfalls gestresst. «Wir haben eben den Regentest bestanden – als eines von nur drei Teams», sagt er erfreut. Alex Reis de Matos ist Masterstudent in Data Science und CEO des EPFL Racing Teams. Ja, CEO, denn es handelt sich dabei nicht etwa nur um ein kleines Studentenprojekt. In 9 verschiedenen Abteilungen arbeiten insgesamt 77 Studierende aus 11 verschiedenen Studiengängen fast das ganze Jahr über für die Meisterschaft. «Wir sind ein Start-up, das seinen Mitarbeitenden keinen Lohn zahlt», beschreibt er es treffend.

Was ist die Formula Student?

Aber nochmals von vorn, worum geht es bei dieser Formula Student überhaupt? Der CEO erklärt: «Die Formula Student ist ein weltweiter Ingenieurswettbewerb für Studierende. Wir von der EPFL nehmen am europäischen Wettkampf teil. Wir treten mit einem Auto an, das ganzheitlich von Studierenden entwickelt wurde und werden in verschiedenen Kategorien getestet. Dabei geht es nicht nur um pure Geschwindigkeit. Beispielsweise wird unser Business-Plan bewertet – oder das Design des Autos.»

30’000 Arbeitsstunden für ein neues Auto

Die Rennwochenenden sind die Belohnung für die harte Arbeit, die das Team in die Entwicklung des Autos steckt. Denn wie in der Formel 1 entwickelt das EPFL Racing Team auch für die Formula Student jedes Jahr einen neuen Wagen. Alex Reis de Matos rechnet vor: «10 Stunden pro Woche bei 80 Leuten – und das für ungefähr 35 Wochen lang … Also befinden wir uns irgendwo im Bereich von 30’000 Stunden.» So viel Zeit investiert das Team in die Entwicklung eines neuen Autos. Und das machen die Studierenden neben ihrem Bachelor- oder Masterstudium.

Laurent Lefèvre, Head Delivery Capabilities, SIX

Letztes Jahr hatten wir 130 Bewerbungen auf weniger als 80 Stellen, dieses Jahr waren es noch mehr.

Alex Reis de Matos, CEO EPFL Racing Team

Balanceakt zwischen Studium und «Job»

Warum tut man sich das an? «Einerseits wegen der Erfahrung. Bei uns können die Studierenden die Theorie in die Praxis umsetzen. Das macht sich natürlich gut im Lebenslauf. Andererseits lieben wir Autos und machen das alles mit Leidenschaft», sagt Alex Reis de Matos. Manchmal könne das auch Prioritäten verschieben: «Wenn es dein Ziel ist, den Master mit Bestnoten abzuschliessen, dann ist das Projekt nichts für dich. Es ist machbar, gleichzeitig den Masterabschluss zu bewerkstelligen, aber es kann ziemlich hart werden», erklärt er.

Trotz dieser Tatsache mangelt es dem Team nicht an Bewerbungen - ganz im Gegenteil. «Letztes Jahr hatten wir 130 Bewerbungen auf weniger als 80 Stellen, dieses Jahr waren es noch mehr», erzählt er.

Ein Sprungbrett – auch für einen Job im Finanzsektor

Und danach heuern alle in der Autobranche an? Alex Reis de Matos dementiert: «Die meisten Leute aus dem Team werden nach Abschluss ihres Studiums nicht in der Autobranche arbeiten. Ich persönlich auch nicht. Ich interessiere mich mehr für den Finanzsektor.» Denn obwohl das Auto bei der Formula Student im Zentrum steht, erlernen die Studierenden im EPFL Racing Team Fähigkeiten, die ihnen in allen möglichen Branchen weiterhelfen.

EPFL Racing Team mit Top 3 als Ziel

Zurück auf dem Flugplatz in Dübendorf. Das Auto hat ein Problem mit dem Frontflügel und das Team arbeitet eifrig daran, es zu beheben. Denn wenn der Wagen in den nächsten 45 Minuten nicht startklar ist, kann es nicht am Acceleration-Wettbewerb teilnehmen, ein Beschleunigungsrennen über 75 Meter. Kurz vor Ablauf der Zeit scheint das Problem gelöst. Gut ein Dutzend Leute schieben das Auto rennend in Richtung Startlinie. Mittlerweile wirkt Alex Reis de Matos nicht mehr so gelassen. Und seine Befürchtungen bewahrheiten sich. Das Auto startet nicht. Keine Punkte für das Team. «Es ist der erste Event der Saison», sagt der CEO, «da klappt eben noch nicht alles.»

Trotz des Ausfalls in diesem Wettbewerb lässt sich das Resultat am Ende sehen. Insgesamt reicht es in Dübendorf für den vierten Rang, einen Platz vor dem Team der ETH Zürich. Nicht schlecht, aber Alex Reis de Matos meint, da gehe noch mehr: «Wir wollen dieses Jahr konsistent in die Top 3 fahren.» Die Saison hat eben erst begonnen.

EPFL Racing Team: Dieses Jahr mit Artemis und 110 PS

Artemis heisst der diesjährige Wagen des EPFL Racing Teams. Zwei elektrisch angetriebene Motoren sorgen für 110 PS. Das klingt erst mal nicht nach viel. Bei einem Gewicht von nur rund 200 Kilogramm ergibt das allerdings ein Leistungsgewicht, das mit heutigen Supersportwagen durchaus mithalten kann.

Mit Ausnahme der Motoren wurden alle Teile von den Studierenden selbst produziert – auch die Batterien. Das Geld dafür kommt von Sponsoren wie SIX, deren Logos im Gegenzug auf der Karosserie prangen – auch auf Heckspoiler und Frontflügel. Dass diese auffallend gross sind, liegt daran, dass der Wagen extrem leicht ist und deshalb eine Menge Downforce (Anpressdruck) braucht, um die Haftung auf der Rennstrecke nicht zu verlieren.