Kunst an der Börse: Können wir jetzt alle einen Picasso (mit-)besitzen?

Kunst an der Börse: Können wir jetzt alle einen Picasso (mit-)besitzen?

Ab 100 Euro sind Sie dabei. Die Liechtensteiner ARTEX ermöglicht den Teilbesitz von Kunstwerken und den Handel mit entsprechenden Anteilen. Lesen Sie, warum dafür nicht einmal Blockchain-Technologie nötig ist, sondern nur die zuverlässigen Mechanismen des traditionellen Clearings und Settlements zum Einsatz kommen.

Sie wollten schon immer mal einen echten Picasso oder Rembrandt besitzen? Bald könnte dieser Traum wahr werden, zumindest bruchstückhaft. Ein Liechtensteiner Unternehmen hat mit «ARTEX» eine völlig neue Börse für den Handel begehrter Kunstwerke geschaffen.

Was ist das Besondere an ARTEX?

Die Initianten wollen mit diesem neuen Zugang den Kunstmarkt revolutionieren. Bislang war der Markt nur vermögenden Personen zugänglich, die das erforderliche Kapital aufbringen können, um entweder selbst ein namhaftes Kunstwerk als Ganzes oder Anteile eines Kunstfonds zu erwerben. Mit der ARTEX soll nun eine Anlageklasse geschaffen werden, die Millionen von Menschen zugänglich ist. Mit einer Kotierung an der ARTEX und der Stückelung des Preises in einen Ausgabepreis von 100 Euro werden Kunstwerke fraktionalisiert (siehe blaue Box) und gelangen so in den Besitz der Aktionärinnen und Aktionäre. Weil künftig auch Kleinanlegerinnen und -anleger Anteile an Kunstwerken erwerben und von der Preisentwicklung des Kunstwerkes profitieren können, sprechen viele in diesem Zusammenhang von der Demokratisierung des Kunsthandels.

Was wird an der ARTEX gehandelt?

An der ARTEX werden Kunstwerke aus der Zeit der Renaissance bis zum 20. Jahrhundert gehandelt. Für jedes Kunstwerk, das an der ARTEX gelistet werden soll, wird eine eigene Aktiengesellschaft gegründet. Deren Aktien werden mittels Initial Public Offering (IPO) an der ARTEX kotiert. Der erste IPO ist für Ende des zweiten Quartals 2023 geplant, in den darauffolgenden Quartalen sollen Kunstwerke im Wert von insgesamt 1 Milliarde Euro an der ARTEX gelistet werden.

Wie ist ARTEX reguliert?

Der Sitz von ARTEX ist in Liechtenstein. Die Lizenz zum Betrieb der Multilateral Trading Facility (MTF) hat die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA) erteilt. Sie steht im Einklang mit der Richtlinie für Finanzinstrumente an europäischen Märkten MiFID II.

Wie viel kostet mein Anteil an einem Kunstwerk?

Der Preis der Kunstwerke wird so fraktionalisiert, dass jede Aktie zu einem Ausgabepreis von 100 Euro an den Markt geht. Dies liegt am strukturierten Prozess, der dem Börsengang vorausgeht. Denn wenn ein Kunstwerk an der ARTEX gelistet werden soll, durchläuft es erst einmal einen genauen Prüfungsprozess auf Echtheit und Wert (Due Diligence). Dann wird der Preis festgelegt und das Kunstwerk wird von einer eigens zu diesem Zweck gegründeten Luxemburger Aktiengesellschaft übernommen, deren Aktien dann zum Ausgabepreis von je 100 Euro an den Markt gehen. Nach dem erfolgten Börsengang entscheidet auch an der ARTEX das Verhältnis von Angebot und Nachfrage über die weitere Preisentwicklung der Aktien.

Warum sollte ich überhaupt in Kunst investieren?

Der Kunstmarkt gilt im Allgemeinen als relativ wertbeständig, hat sich in der Vergangenheit als resistent gegen die Inflation gezeigt und entwickelt sich weitgehend unabhängig von den Preisen und der Stimmung an den Aktienmärkten. Daher wird Kunst auch zu den alternativen Anlageklassen gezählt und eine Beimischung kann das Risikoprofil eines Portfolios diversifizieren. Zudem wächst der internationale Kunstmarkt stetig. Der Wert handelbarer Kunst wird aktuell weltweit auf 3,2 Billionen Dollar geschätzt.

Wie hoch ist das Risiko, in Kunst zu investieren?

Das Risiko hängt vor allem von der Künstlerin, dem Künstler und dem entsprechenden Werk ab. Der Kunstmarkt ist ein komplexer und wenig transparenter Markt, der unter anderem auch dem gesellschaftlichen Wandel und modischen Strömungen unterliegt. Daher sind Kunstinvestments immer auch mit einem Risiko verbunden. Allerdings sinkt dieses Risiko, sobald es sich um renommierte Künstler wie beispielsweise Pablo Picasso oder Gerhard Richter handelt. Es ist schwer vorstellbar, dass ihre Werke drastisch an Wert verlieren könnten. Sie sind damit quasi die «Blue Chips» des Kunstmarktes.

Fraktionalisierung, Tokenisierung und Verbriefung – was ist der Unterschied?

Die Fraktionalisierung oder Fragmentierung zerlegt ganz allgemein gesprochen ein Objekt oder einen Vermögensgegenstand in viele Einzelteile. Im Kontext von Artex spricht man von Fraktionalisierung des Besitzes eines Kunstwerks durch den Kauf der jeweiligen Kunstaktien.

Unter Verbriefung versteht man in der Finanzwelt die schriftliche Sicherstellung der Rechte an einem Vermögenswert. Dabei wird also in einem Dokument festgehalten, welcher Vermögenswert wem und unter welchen Umständen gehört. Die Verbriefung ermöglicht einem Unternehmen, seine Vermögenswerte oder Teile davon als Anlageprodukte an Dritte auszugeben. Damit werden diese verbrieften Anteile zu Anlageprodukten, die als Wertpapiere gekauft, verkauft und gehandelt werden können.

Die Blockchain-Technologie ermöglicht nun eine neue Art der Verbriefung. Anstelle eines Dokuments oder Wertpapiers wird bei der sogenannten Tokenisierung eine digital abgesicherte Form des Eigentumsnachweises, ein sogenannter Token des zu verbriefenden Vermögenswerts, erstellt. Dieser kann in beliebig kleine Teile zerlegt und handelbar gemacht werden.

Lesen Sie mehr zu Tokenisierung und Blockchain auf sdx.ch.

Wer steckt hinter ARTEX?

Der ehemalige Investmentbanker und Hedge-Fonds-Manager Yassir Benjelloun-Touimi hat die ARTEX gemeinsam mit Prinz Wenzeslaus von Liechtenstein, der nun als Verwaltungsratspräsident amtet, gegründet. 

Wo befinden sich die Kunstwerke, deren Aktien an der ARTEX gehandelt werden?

Die Initianten legen Wert darauf, dass die Kunstwerke, die an der ARTEX gelistet und gehandelt werden, der Öffentlichkeit als Kulturerbe zugänglich sind. Daher werden die meisten Werke in öffentlichen Museen zu bewundern sein, während deren Aktien an der ARTEX gehandelt werden.

Wer kommt für die Kosten der Aufbewahrung und der Sicherung der gehandelten Kunstwerke auf?

Laut Informationen von ARTEX tragen die Aktionärinnen und Aktionäre keine laufenden Kosten wie etwa für die Verwaltung der Gesellschaft, die Verwahrung der Kunstwerke oder für Versicherungsprämien.