Inhaltsverzeichnis
- Was ist ein Dark Pool?
- Wann wurden Dark Pools eingeführt?
- Wer kann in Dark Pools handeln?
- Video-Interview mit Simon McQuoid-Mason
- Welche Vorteile bieten Dark Pools?
- Welche Rolle spielt die Automatisierung?
- Welche Logik steckt hinter Dark Pools?
- Wie sind Dark Pools reguliert?
- Welche Auftragsarten gibt es?
- Die Zukunft der Dark Pools
Jede zehnte Aktie wird in einem Dark Pool gehandelt. Aus diesem Grund führte SIX bereits 2016 SwissAtMid in der Schweiz ein. Im Dezember folgte Spanien mit SpainAtMid, der nach dem Schweizer Modell aufgebaut ist. Andere europäische Börsen wie Euronext und die Deutsche Börse haben zuletzt eigene Angebote zum «non-displayed trading» lanciert. Doch was genau sind Dark Pools – und wie «dunkel» ist dieser Handel wirklich? Werfen wir einen Blick auf die Funktionsweise und Vorteile dieser Handelsplattformen.
Was ist ein Dark Pool?
Ein Dark Pool ist eine spezialisierte Handelsplattform, auf der Aufträge anonym eingegeben werden. Teilnahmeberechtigt sind ausschliesslich Banken und institutionelle Anleger. Institutioneller Anleger tätigen regelmässig grosse Kapitalanlagen. Im Gegensatz zu öffentlichen Auftragsbüchern geben Dark Pools vor der Transaktion keine Informationen über die Handelsaktivität oder die Identität der Teilnehmer preis – daher auch die Bezeichnung «non-displayed pool», nicht einsehbarer Liquiditätspool. Erst nach erfolgtem Abschluss werden die Informationen offengelegt.
Die Ausführung erfolgt zum Mittelwert zwischen Geld- und Briefkurs (dem sogenannten Spread). Wenn ein Käufer beispielsweise bereit ist, 43 Schweizer Franken für eine Aktie zu zahlen, und der Verkäufer 45 Schweizer Franken verlangt, wird der Handel zum Mittelwert von 44 Schweizer Franken abgeschlossen.
Wann wurden Dark Pools eingeführt?
Die Geschichte der Dark Pools begann Anfang der 1990er-Jahre in den USA. Ursprünglich hatten vor allem Verkäufer Bedarf, die grosse Handelsvolumen, ausserbörslich (over-the-counter) abwickeln mussten. Die ersten offiziellen Dark Pools entstanden Anfang der 2000er-Jahre in den USA.
Wer kann in Dark Pools handeln?
Grundsätzlich kann jede Bank oder Broker Zugang zu einem Dark Pool erhalten – vorausgesetzt, sie sind als Handelsteilnehmer des Betreibers registriert. Vor der Zulassung müssen die Teilnehmer ihre Systeme testen, um sicherzustellen, dass sie die technischen und betrieblichen Anforderungen erfüllen.
Video-Interview mit Simon McQuoid-Mason
Schauen Sie das Interview mit Simon McQuoid-Mason, Head Equity Product & Quant Research bei SIX. Der Dark-Pool-Experte spricht über die Entwicklung des nicht einsehbaren Handels, wer davon profitiert und wie SIX für fairen Handel sorgt.
Welche Vorteile bieten Dark Pools?
200 Nestlé-Aktien zu verkaufen, ohne den Preis zu beeinflussen, ist in einem Lit-Auftragsbuch, einem sichtbaren Auftragsbuch, einfach. Aber der Verkauf von 2 Millionen Aktien ist eine andere Geschichte. Wenn bekannt wird, dass eine grosse Pensionskasse Millionen von Aktien verkaufen möchte, ziehen sich institutionelle Käufer oft zurück, da sie einen Preisverfall erwarten. Der Verkäufer verliert dadurch Geld, weil er zu einem immer niedrigeren Kurs verkaufen muss.
Der Hauptvorteil von Dark Pools ist darum, dass die Aufträge initial verborgen bleiben und grosse Transaktionen ohne negative Markteinflüsse ermöglichen. Denn im Gegensatz zu einem Lit-Auftragsbuch entfällt in Dark Pools das Risiko, dass andere Marktteilnehmer aggressiv gegen den Verkäufer handeln und den Kurs weiter drücken – oder umgekehrt gegen den Käufer handeln und den Kurs in die Höhe treiben.
Früher mussten institutionelle Anleger eng mit Brokern zusammenarbeiten, um Methoden zu entwickeln für den effizienten Handel grosser Volumen – ohne dabei klare Signale an den Markt zu senden.
Welche Rolle spielt die Automatisierung?
Vor der computerbasierten Abwicklung in Dark Pools hielten Händlerinnen und Händler Gebote und Angebote oft bewusst zurück, um ihre Absichten zu verschleiern. Dies geschah mithilfe von «not-held orders», bei denen sensible Aufträge vertraulich an Broker übermittelt wurden. Diese führten die Transaktion aus, ohne sie öffentlich zu machen – während sie gleichzeitig eine Gegenpartei suchten. Dieser Prozess war oft ein Katz-und-Maus-Spiel und erforderte grosses Vertrauen in die Gegenpartei, die den Prozess zugunsten eines besseren Preises hätte manipulieren können.
Dark Pools automatisieren diesen Prozess auf Basis eines klar definierten Regelwerks. Händlerinnen und Händler übergeben ihre Aufträge an Computersysteme. Wie früher bei den Brokern fliessen keine Informationen über Aufträge weiter. Wenn eine passende Gegenpartei im Pool vorhanden ist, identifiziert das System beide Aufträge und führt die Transaktion durch.
Welche Logik steckt hinter Dark Pools?
Die Ausführung erfolgt zum Mittelwert des aktuellen Kurses. An den von SIX betriebenen Börsen in der Schweiz und in Spanien basiert die Matching-Logik auf der Formel «trade-size/time priority». So wird sichergestellt, dass grosse Aufträge bevorzugt im Pool ausgeführt werden – unabhängig vom Zeitpunkt der Auftragseingabe – und kleinere Aufträge nicht gleichzeitig parallel abgearbeitet werden. Käufer und Verkäufer profitieren dabei von denselben Bedingungen. Offizielle Dark Pools stellen zudem sicher, dass die Teilnehmer regulatorische Vorgaben einhalten – zum Schutz der Endinvestoren.
Wie sind Dark Pools reguliert?
Mit zunehmender Bedeutung der Dark Pools wuchsen auch die regulatorischen Anforderungen. Ursprünglich agierten Dark Pools unter geringer Aufsicht, was Bedenken über Marktmanipulationen und unfaire Praktiken hervorrief. Durch Regelwerke wie die Market Financial Directives I und II ( Richtlinien über Märkte für Finanzinstrumente; MiFID I und MiFID II) wurde mehr Sicherheit, Transparenz und Stabilität geschaffen.
Regulierungsbehörden weltweit – darunter auch SIX Exchange Regulation (SER) in der Schweiz und CNMV in Spanien – haben in den letzten Jahren Massnahmen ergriffen, um die Transparenz dieser Plattformen zu erhöhen.
Diese Vorschriften sind entscheidend, um Vertrauen zu schaffen und Missbrauch zu verhindern. Beispielsweise sind Dark Pools heute verpflichtet, detaillierte Berichte über ihre Handelsaktivitäten zu liefern und sicherzustellen, dass sie nicht zur Marktmanipulation genutzt werden. Dadurch konnte das Vertrauen in Dark Pools gestärkt werden und sie etablierten sich als legitime Handelsplätze.
Welche Auftragsarten gibt es?
In den Dark Pools von SIX stehen zwei Haupttypen zur Verfügung, Direct Orders und Sweep Orders:
- Direct Orders: Diese werden ausschliesslich auf der gewählten Handelsplattform (dem Dark Pool) ausgeführt.
- Sweep Orders: Zunächst werden die Sweep Orders im Dark Pool platziert. Wenn das gewünschte Volumen oder der Preis dort nicht vollständig realisiert werden kann, wird der Auftrag automatisch in andere verfügbare Auftragsbücher weitergeleitet (z.B. das öffentliche Börsenauftragsbuch).
Die Zukunft der Dark Pools
Dark Pools machen mittlerweile fast 10 % aller gesamteuropäischen Aktiengeschäfte aus. Dieser Trend zeigt die wachsende Akzeptanz unter den Händlerinnen und Händlern. Der Start neuer Dark Pools an verschiedenen europäischen Börsen unterstreicht die steigende Nachfrage und könnte den Anteil weiter steigern.
Simon McQuoid-Mason, Head Equity Product & Quant Research bei SIX, erwartet, dass neue Algorithmen und KI-gestützte Systeme die Effizienz und Attraktivität von Dark Pools weiter erhöhen werden – bei gleichzeitiger Wahrung der Transparenz und Fairness im Handel.
SwissAtMid ermöglicht Ausführungen zum Mittelwert innerhalb des grössten Liquiditätspools für Aktien an der Schweizer Börse – und hilft so, Preisbewegungen zu vermeiden, die durch Informationslecks entstehen. Der Dienst kombiniert ein unsichtbares Auftragsbuch mit Auftragsarten, die Transaktionen zu Mittelwertpreisen aus dem Lit-Auftragsbuch der Schweizer Börse ermöglichen. Über SwissAtMid können alle Schweizer Blue Chips sowie Small- und Mid-Caps gehandelt werden.
Mehr Informationen zu SwissAtMid