Was macht eigentlich eine Finfluencerin?

Was macht eigentlich eine Finfluencerin?

Angela Mygind ist als Finfluencerin unter dem Pseudonym «Miss Finance» bekannt. Auf ihren Kanälen gibt sie Finanzwissen auf einfach verständliche Weise an ihr Publikum weiter. Wie hat sie sich das aufgebaut? Und was beinhaltet ein Job als Finfluencerin alles? Lesen Sie es in diesem Blog.

Es gibt kein Thema, das nicht durch einen Social-Media-Kanal abgedeckt oder für das es nicht mindestens einen Blog gibt. Zu den beliebtesten Themen gehören etwa Lifestyle, Musik, Food, Beauty oder Fitness. Die meisten dieser Themen sind hip und sprechen viele Menschen an. Doch nicht alle sind per se «instagrammable», so zum Beispiel das Thema Finanzen. Angela Mygind aus Luzern, besser bekannt als Miss Finance, stört das nicht. Als sogenannte Finfluencerin informiert sie ihr zumeist weibliches Publikum auf verständliche und lebhafte Weise über Sparen, Investieren, Anlegen und Vorsorgen.

Miss Finance – ein Coronababy

Angela Mygind hat keine Ausbildung im Finanzwesen. Alles, was Miss Finance beinhaltet, hat sie sich selbst beigebracht. «Vor einiger Zeit verlor ich viel Geld mit einem Finanzprodukt, das mir empfohlen wurde», sagt sie. «An dem Punkt erkannte ich: Ich muss mich selbst mit diesem Thema befassen.» Also begann sie mit ihrer Recherche. «Und da habe ich gemerkt, dass das eigentlich alles gar nicht so schwierig ist.» Dann kam Corona. Und Angela Mygind hatte – wie die meisten Menschen – plötzlich etwas mehr Zeit. Zeit, die sie nutzte, um Miss Finance ins Leben zu rufen. Das ist mittlerweile zweieinhalb Jahre her.

Work-Life-Balance? «Nicht so gut»

Heute beinhaltet Miss Finance einen Blog, einen Podcast, einen Instagram- und einen Linkedin-Kanal. Zudem schreibt Angela Mygind regelmässig Kolumnen in einer Schweizer Tageszeitung und leitet Finanzkurse. Das alles tut sie neben ihrem Job als Projektassistentin bei einem internationalen Unternehmen. Zuweilen könne das sehr stressig werden. «Mein Pensum ist zum Glück sehr flexibel und liegt zwischen 30 und 60 %. Trotzdem: «Meine Work-Life-Balance ist nicht so gut», schmunzelt sie.

Denn für Miss Finance wendet sie viel Zeit auf. «Ich beantworte alle Fragen, die auf meinen Kanälen reinkommen. Das sind allein auf Instagram ungefähr 30 am Tag. Zudem erhalte ich viele Anfragen von Unternehmen für Events oder Kooperationen. Ich schreibe die Blogposts, kreiere die Instagram-Beiträge und -Stories, nehme den Podcast auf und dreimal im Jahr gebe ich einen Kurs, der jeweils sieben Abende dauert.» Ihren Job aufgeben und sich voll auf Miss Finance konzentrieren möchte Angela Mygind vorerst nicht: «Ich bin klassisch schweizerisch und halte lieber noch an meinem angestammten Job fest, damit die Fixkosten gedeckt sind.»

Finanztipps für Frauen (und Männer)

Die Inhalte von Miss Finance richten sich in erster Linie an Frauen. Es sei wichtig, Frauen gezielt auf dieses Thema anzusprechen, erklärt sie: «Frauen sind tendenziell weniger am Thema Finanzen interessiert und oft auch eingeschüchtert von allem, was damit zusammenhängt. Das führt dazu, dass das Wissen fehlt. Ganz nach dem klassischen Rollenbild überlassen Frauen die Finanzen dann lieber den Männern. Aber das muss und soll gar nicht so sein.» Um Frauen besser abzuholen, versuche sie, Finanzen als Lifestyle-Thema zu präsentieren und es in den Alltag einzubinden. Also doch ein bisschen instagrammable.

«Auf Instagram habe ich 81 % Abonnentinnen. Den Podcast hören auch zu 80 % Frauen. Aber auch Männer konsumieren meine Inhalte. Meinen Blog lesen tatsächlich sogar mehr Männer», erklärt Angela Mygind. Das liege vor allem daran, dass die meisten über die Google-Suche auf ihrem Blog landen. «Und Männer googeln eben häufiger nach diesem Thema», sagt sie.

«Menschen folgen Menschen»

Die Inhalte von Miss Finance sind für Einsteigerinnen konzipiert. Es geht um Spartipps, ETFs, die dritte Säule oder Budgetplanung. «Wenn jemand mir sagt, dass sie oder er mit dem Investieren begonnen hat, ist das die schönste Rückmeldung, die ich kriegen kann», sagt Angela Mygind. Denn da liege häufig der Knackpunkt. Den ersten Schritt zu wagen. «Vor allem Frauen gelangen häufig in eine sogenannte Analysis Paralysis. Bevor sie ein Finanzprodukt kaufen, wollen sie es erst ganz genau verstehen. Das ist grundsätzlich gut, kann aber auch ins Extreme betrieben werden», sagt Angela Mygind.

Hier versucht Miss Finance anzusetzen. «Ein Grundsatz auf Social Media ist: Menschen folgen Menschen», sagt Mygind. Anders als ein Unternehmen können Finfluencer das Thema Geld viel persönlicher angehen. «Ich habe über die Jahre mit meinen Finanzen viele Fehler gemacht. Über diese Fehler kann ich sprechen, damit mein Publikum sie vermeiden kann.» Das schafft Vertrauen, das es braucht, um Vorurteile zu überwinden. «Viele Menschen glauben immer noch, Investieren sei nur was für Reiche und die Börse sei etwas Böses. Diese Glaubenssätze will ich ändern», sagt sie.

Was ist, wenn die Börse taucht?

Dank Finfluencerinnen und Finfluencern wie Miss Finance haben viele Menschen begonnen, ihre Finanzen in die Hand zu nehmen und ihr Geld zu investieren. Doch, dass dabei Gewinne rausspringen, ist nicht garantiert. Vor allem nicht im momentan schwierigen Börsenumfeld. Panische Rückmeldungen habe sie bislang aber keine erhalten, sagt sie: «Das Maximum, was Leute mir schreiben, ist, dass sie momentan ihre neuen Investitionen pausieren. Ich versuche, meinem Publikum einen langfristigen Ansatz zu vermitteln. Da ist es normal, dass es auch mal runtergeht an der Börse.»

Der Kuchen wächst

Der Begriff Finfluencer ist relativ jung. Vor allem in der Schweiz gibt es bislang nur wenige mit einem grossen Publikum. «Es gibt keinen Konkurrenzkampf», sagt Angela Mygind. «Im Gegenteil. Der Austausch unter uns ist sehr gut. Und das Ganze steckt noch in den Kinderschuhen. Ich finde, je mehr es von uns gibt, desto besser. Denn je mehr wir über Geld sprechen, desto mehr profitieren wir.»