Schweizer Instant-Payments-Service hebt bald ab

Schweizer Instant-Payments-Service hebt bald ab

Ab August 2024 können Banken in der Schweiz ihren Kundinnen und Kunden Instant Payments rund um die Uhr anbieten. Der Weg einer Transaktion vom Konto des Zahlenden zum Konto des Zahlungsempfängers oder der Zahlungsempfängerin dauert dabei wenige Sekunden. Wie gestaltet der Finanzplatz Schweiz diese Innovationen im Kundenzahlungsverkehr und was sagt Marianne Wildi, CEO Hypothekarbank Lenzburg, dazu?

Vor rund vier Jahren wickelten Banken in Europa die ersten Instant Payments ab. Eine spannende Entwicklung, die der Schweizer Finanzplatz damals noch nicht als breit abgestütztes Kundenbedürfnis wahrgenommen hat. Ende 2018 nahm die Europäische Zentralbank den Betrieb ihrer neuen Instant-Payment-Infrastruktur auf. Die Zeit des Nachdenkens und des Beobachtens hierzulande war vorbei. Je länger, je mehr setzt sich die Überzeugung durch, dass Instant Payments zur neuen Norm werden kann.

Im März 2020 hat der Verwaltungsrat der SIX Interbank Clearing AG grünes Licht für die nächste, fünfte Generation des zentralen Zahlungssystems der Schweiz SIC gegeben. SIC5 wird den neuen Anwendungsfall «Instant Payments» unterstützen, den die Schweizer Banken ab August 2024 ihren Kundinnen und Kunden anbieten können. Instant Payments können dann 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage im Jahr ausgeführt werden. Der Weg einer Transaktion vom Konto des Zahlenden zum Konto des Zahlungsempfängers oder der Zahlungsempfängerin dauert dabei wenige Sekunden.

Der Bedarf an Instant Payments wird zunehmen

SIC5 ist für den Zahlungsverkehr in der Schweiz das, was 5G für den Mobilfunk ist: Geschwindigkeit. Im Vergleich zur Übertragungsrate mit 4G, übermittelt 5G Signale deutlich schneller. Das ergibt drastisch mehr Surfspeed und mit einigen wenigen Millisekunden Reaktionszeit praktisch verzögerungsfreie Kommunikation in Echtzeit. Künftig können Banken Kundenzahlungen end-to-end in weniger als zehn Sekunden ausführen. Das SIC-System selbst verarbeitet die Zahlungen sogar in höchstens 0,2 Sekunden. In Echtzeit eben.

«Die Digitalisierung und Verbesserungen in der Kommunikationstechnologie lassen heute die Nachfrage nach sofortigen und rund um die Uhr verfügbaren Zahlungen steigen», meint Andréa M. Maechler, Mitglied des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank. Insbesondere die starke Zunahme von mobilen Zahlungsapplikationen dürfte gemäss Nationalbank die Nachfrage ankurbeln. Der Nationalbank als Auftraggeberin des SIC-Systems ist es wichtig, dass die Kernzahlungsinfrastruktur der Schweiz zukunftsfähig bleibt und Innovationen im Kundenzahlungsverkehr ermöglicht. Marianne Wildi, CEO der Hypothekarbank Lenzburg, denkt ähnlich über die Einführung von Instant Payments in der Schweiz: «Von Kundenseite her spüren wir insbesondere im Zusammenhang mit mobilen Apps ganz klar einen Druck hin zu immer schnelleren Abwicklungsprozessen. Instant Payments sind im Plattformgeschäft eine sehr wichtige Funktion.»

Instant-Payment-Eingänge als Pflicht

Die Schweizerische Nationalbank und SIX wollen einen möglichst breiten Kreis der betroffenen SIC-Teilnehmerinstitute in den Innovationsprozess einbinden. Dabei steht die praktische Umsetzbarkeit im Vordergrund. Auch Marianne Wildi begrüsst dieses Vorgehen: «Die heutigen Systeme sind komplex und über die Zeit gewachsen. Ein System auf der grünen Wiese einzuführen, wäre sicherlich einfacher. Wichtig scheinen mir die Unterstützung aller Bankengruppen sowie günstige Transaktionskosten, insbesondere auch im Vergleich mit den Debit- und Kreditkartenangeboten.»

Christian Reuss, Head SIX Swiss Exchange

Von Kundenseite her spüren wir insbesondere im Zusammenhang mit mobilen Apps ganz klar einen Druck hin zu immer schnelleren Abwicklungsprozessen.

Marianne Wildi, Hypothekarbank Lenzburg

Wo sehen die anderen Banken die grössten Herausforderungen? Welche fachliche und technische Unterstützung brauchen die Grossbanken wie auch die Kantonalbanken und Regionalbanken, Einzelinstitute und Auslandbanken, um Instant Payments erfolgreich einführen zu können?  Die Antworten auf die Konsultation zum SIC5-Grobkonzept haben im Sommer 2020 gezeigt, dass die Teilnehmenden das Vorhaben begrüssen.

Alle im schweizerischen Kundenzahlungsverkehr aktiven Teilnehmerinstitute via SIC müssen voraussichtlich bis Ende 2026 in der Lage sein, eingehende Kundenzahlungen instant zu verarbeiten. Der neue Service wird ein integraler Bestandteil des SIC-Systems. Schon ab August 2024, also etwas mehr als ein halbes Jahr nach Inbetriebnahme von SIC5, müssen diejenigen Institute Instant Payments empfangen können, die im Jahr 2020 mehr als 500’000 eingehende Kundenzahlungen im SIC-System erhalten haben. Das Versenden von solchen Kundenzahlungen ist freiwillig.

Neue Angebote in Sicht?

Wie bei 5G ist es auch bei SIC5 nicht damit getan, die perfekte Infrastruktur bereitzustellen. Der eigentliche Mehrwert ergibt sich erst, wenn die Innovation bei den Nutzerinnen und Nutzern ankommt. Dazu braucht es Angebote der Banken und der Business-Software-Anbieter – für die Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch für Unternehmen.

Perspektivisch bietet sich Banken die Chance, sofortige Zahlungen im eigenen Mobile- und E-Banking anzubieten. Marianne Wildi: «Wir merken das etwa bei den Kundinnen und Kunden unseres FinTech-Partnerunternehmens Neon. Die erwarten bereits, dass alle getätigten Transaktionen immer sofort ausgeführt, abgebucht und zeitgleich in der Konto-App aufgeführt werden.» Für diese Kundengruppe biete die Hypothekarbank Lenzburg bereits eine Lösung an, die quasi «instant» sei. «Quasi instant sage ich, weil sie sich nicht an den Standards des Echtzeitverfahrens des Schweizer Zahlungssystems SIC orientiert, aber nach unseren Massstäben als instant bezeichnet werden kann. Wir freuen uns darauf, dass dies mit Instant Payments auch bankübergreifend möglich wird.»

Ausserdem können Instant Payments die Grundlage für gänzlich neue Lösungen sein, beispielsweise für automatisierte Zahlungen in Verbindung mit dem Internet der Dinge. Welche Innovationen tatsächlich entstehen werden, ist noch offen und wird sich in den kommenden Jahren zeigen.