Sind Bancomaten unprofitabel? Wie Banken die Schweizer Bargeldliebe weiterhin bedienen können

Sind Bancomaten unprofitabel? Wie Banken die Schweizer Bargeldliebe weiterhin bedienen können

Obwohl Bargeldtransaktionen in den letzten Jahren stark abgenommen haben, will die Schweizer Bevölkerung weiterhin Bargeld nutzen. Für Banken ist das Geschäft mit Bancomaten aber aufgrund von abnehmenden Transaktionen oft unprofitabel. Was können sie dagegen tun?

Braucht die Schweiz heutzutage noch Bargeld? Theoretisch geht es grösstenteils auch ohne. Kartenzahlungen werden so gut wie überall akzeptiert und mobile Bezahllösungen wie Wallets oder Twint machen selbst das Mittragen eines Portemonnaies überflüssig. Doch: Fragt man Herrn und Frau Schweizer, so zeigt sich schnell, dass Bargeld nicht verschwinden wird. Zwei Drittel der Bevölkerung lehnen eine Abschaffung des Bargelds eher oder klar ab – das sagt die aktuellste Ausgabe des «Swiss Payment Monitor» der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und der Hochschule St. Gallen (HSG). Gemäss derselben Studie lag der Anteil an Bargeld bei allen Zahlungen im Gesamtmarkt Schweiz im ersten Quartal 2024 bei 13,2 % – hinter der Debitkarte (27,3 %), der Kreditkarte (19,6 %), mobilen Bezahllösungen (19,3 %) und dem Bezahlen per Rechnung (15,8 %). Das Bezahlen mit Bargeld hat seit der Corona-Pandemie zwar stark abgenommen (2019 lag der Anteil noch bei 26,5 %), doch es hat sich mittlerweile auf dem jetzigen Niveau stabilisiert.

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) formuliert es in ihrem Geschäftsbericht noch drastischer. Demnach möchte 95 % der Schweizer Bevölkerung Bargeld auch in Zukunft als Zahlungsmittel nutzen und jeweils wählen können, ob sie mit Bargeld oder elektronischen Zahlungsmitteln bezahlt. 

Die Schweiz hat zu viele Bancomaten

Wir halten fest: Bargeld hat auch in einer digitalisierten Schweiz seine Daseinsberechtigung – und die Schweizer Bevölkerung nutzt Scheine und Münzen immer noch sehr aktiv. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass auch der Zugang zu Bargeld für die Bevölkerung sichergestellt sein muss. Dafür braucht es Bancomaten – und davon hat die Schweiz momentan mehr als genug. Das Problem: Für die Betreiber der Automaten, die Banken, ist dieses Geschäft oft unprofitabel. Rund 5400 Bancomaten sind an das Netzwerk von SIX angeschlossen. Diese kosten die Banken jedes Jahr gut 180 Millionen Schweizer Franken. Eine Studie, die SIX zusammen mit Senozon durchgeführt hat, hat ergeben, dass die Nachfrage nach Bargeld auch mit deutlich weniger Geräten gedeckt werden könnte.

Bereits vor der Pandemie waren die Bezüge an Bancomaten rückläufig. Während vor einigen Jahren noch bis zu 180’000 Transaktionen jährlich von hochfrequentierten Geräten verarbeitet wurden, sind es heutzutage beim grössten Teil nicht mal mehr 30’000 – deutlich weniger als im internationalen Vergleich. Für die Banken bedeutet das: Die Bargeldversorgung der Bevölkerung ist alles andere als profitabel. Was also können sie dagegen tun? Hier sind zwei Lösungsansätze: 

1. Das Outsourcing der Bancomat-Dienstleistungen

Der Betrieb eines Bancomaten bringt zahlreiche Aufgaben mit sich. Die Bank muss das Gerät unter anderem am Standort installieren, sie muss die Störungsbehebung sicherstellen, den Automaten befüllen und laufend neues Geld dafür liefern lassen, sie muss sich um die notwenigen Versicherungen kümmern und auch das Branding übernehmen.

Heutzutage können Banken alle Schritte oder Teile davon auch outsourcen. Das bedeutet: Ein zentraler Akteur übernimmt die Dienstleistungen für die Banken. Dabei haben die Banken die Wahl, wie weit sie gehen wollen. Entweder können sie nur die Instandhaltung und Bewirtschaftung auslagern oder sie lagern die Bancomaten vollständig aus – womit unter anderem kein Vertrag mit einem Werttransportunternehmen notwendig ist und dementsprechend auch die Finanzierung, Bereitstellung und Versicherung des Bargelds entfällt. Das Unternehmen, welches das Outsourcing anbietet, profitiert gleichzeitig von Skaleneffekten und ermöglicht dadurch einen fairen Preis für den Betrieb. 

2. «Pooling» – Gemeinschaftswerk als langfristige Lösung

Das sogenannte ATM-Pooling wäre eine weitere Möglichkeit zur Effizienzsteigerung. Die Idee ist, dass Banken ihre Geräte unter dem Dach von SIX konsolidieren und den Betrieb zentral organisieren, damit Bargeld weiterhin möglichst gut zugänglich ist. Durch das Teilen der Infrastruktur ergeben sich für die Banken Kosteneinsparungen.

Im Ausland hat sich dieses Modell bereits bewährt. In Deutschland haben verschiedene Regionalbanken Allianzen gebildet, um den Zugang zu Bargeld zu gewährleisten – und auch in den Niederlanden haben einige der grössten Banken ein Joint Venture gegründet, um den Betrieb der Geldautomaten effizienter zu gestalten. 

Es braucht neue Ansätze

Obwohl die Akzeptanz und die Nutzung von elektronischen Zahlungsmitteln stetig zunehmen, bleibt Bargeld für viele Schweizerinnen und Schweizer unverzichtbar. Die Banken müssen einerseits das Bedürfnis nach Bargeld abdecken, andererseits aber auch profitabel wirtschaften. Dafür braucht es innovative Ansätze. Das Outsourcing und das Pooling ihrer Bancomaten sind zwei vielversprechende Lösungen.