Wie entsteht ein ETF?

Wie entsteht ein ETF?

ETFs gehören zu den beliebtesten Anlageinstrumenten überhaupt. Lesen Sie in diesem Blog, warum das so ist, wie ein ETF entsteht und was zwischen der ersten Idee und der Kotierung bis hin zum Handel an einer Börse alles passiert.

1976 legte John Bogle, der Gründer von Vanguard, den ersten Indexfonds für Kleinanleger auf – den Vanguard 500, der die Rendite des S&P 500 abbildet. Die Fachpresse betitelte die Lancierung des Vanguard-500-Fonds seinerzeit als «Torheit». In Indexfonds zu investieren bedeute, von vornherein auf Mittelmässigkeit zu setzen, so das damalige Urteil. Doch dieser Indexfonds von einer der global grössten Vermögensverwaltungsgesellschaften entwickelte sich zu einem Kassenschlager. Streng genommen handelte es sich noch nicht um einen ETF, da der Fonds nicht börslich gehandelt wurde.

Die erste erfolgreiche ETF-Lancierung erfolgte ein paar Jahre später in den USA: 1993 brachte die US-amerikanische Investmentfirma «State Street Global Advisors» den allerersten Exchange Traded Fund (ETF) auf den Markt. Der SPDR S&P 500 ETF Trust («Spider») verkörperte den ersten Anlagefonds, der an einer Börse gehandelt wurde – eine kleine Revolution innerhalb der Investmentbranche. Dieser ETF ist bis heute handelbar und mit einer Marktkapitalisierung von rund USD 400 Milliarden (Stand: September 2023) der weltweit grösste ETF basierend auf den verwalteten Vermögen.

Wie beliebt sind ETFs?

Selbst wenn ETFs noch im Schatten von Aktien stehen, sind sie aus der Finanzbranche nicht mehr wegzudenken. Auch an der Schweizer Börse, die im Jahr 2000 als eine der ersten in Europa ein ETF-Segment lancierte, hat ihre Beliebtheit stetig zugenommen. Jährlich handeln Marktteilnehmer rund CHF 50 Milliarden in ETFs über die Schweizer Börse (basierend auf Daten der letzten drei Jahre). Global betrachtet bewegen sich die gesamten verwalteten Anlagen (Assets under Management) in ETFs heute im Bereich von USD 11.5 Billionen. Eine riesige Summe. Zur Veranschaulichung: Hätte jeder einzelne Mensch auf unserem Planeten denselben Betrag in ETFs investiert, so läge dieser pro Kopf bei ca. USD 1430. 

Was ist ein ETF?

ETF steht für «Exchange Traded Fund» – auf Deutsch «börsengehandelter Fonds». Ein Fonds sammelt das Geld von Anlegerinnen und Anlegern, sodass es üblicherweise breit gestreut in eine Serie von Aktien oder in andere Werte investiert werden kann. Alle Investierenden besitzen einzelne Anteile eines Fonds, haben aber keinen Einfluss darauf, welche Vermögenswerte wann mit welcher Gewichtung gekauft oder verkauft werden. Diese Entscheidung obliegt dem Fondsmanagement. Während bei sogenannten aktiven Anlagefonds das Fondsmanagement auswählt, in welche Titel das Vermögen der Anlegenden investiert wird, setzen sich die allermeisten ETFs «passiv» aus Titeln zusammen, die zum Beispiel in einem Index enthalten sind – dem Basiswert. 

Was ist ein Basiswert?

Der Basiswert ist ein Finanzinstrument, auf den sich ein ETF bezieht. Bei den meisten ETFs ist der Basiswert ein Index. Der ETF versucht, die Entwicklung beziehungsweise die Performance ebendieses Indexes so genau wie möglich nachzubilden. Die Zusammensetzung eines Indexes folgt klar definierten Regeln. Wichtige Kriterien hierbei sind die Marktkapitalisierung der einzelnen Titel, deren Handelbarkeit sowie deren Gewichtung im Index.

Nehmen wir als Beispiel den SMI (Swiss Market Index), den bedeutendsten Index der Schweiz. Kauft man einen ETF auf den SMI, so investiert man gleichzeitig in die 20 grössten Schweizer Unternehmen. Im Fall des MSCI World Index investieren Anlegende sogar in rund 1600 Titel aus aller Welt. Da die Zusammensetzung der Indizes völlig transparent ist, können sie genau nachvollziehen, was hinter dem Basiswert beziehungsweise in einem ETF steckt – vor allem bei der physischen Replikation.

Was bedeuten physische und synthetische Replikation?

Es gibt zwei Arten, wie ein Basiswert repliziert werden kann: physisch oder synthetisch. Physische Replikation bedeutet, dass der ETF effektiv die Titel hält, aus denen sich der zugrunde liegende Index zusammensetzt, und zwar mit derselben Gewichtung. Für das Portfolio in unserem Beispiel mit dem SMI erwirbt das Fondsmanagement also deutlich mehr Anteile von Novartis, welche fast 17 % im Index ausmachen, als beispielsweise von Swisscom, die mit 1,24 % gewichtet werden (Stand: September 2023).

Besitzt der ETF nur einen Teil der im Index enthaltenen Titel, spricht man von der Sampling-Methodik. Unter Einbezug von Analysetools und mathematischen Optimierungstechniken wird eine Teilmenge der Indexbestandteile bestimmt, die eine ähnliche Rendite wie die ursprünglich im Index enthaltenen Wertschriften liefert. Beispielsweise lässt man die kleinen Titel ganz weg und gewichtet dafür die grossen stärker. Diese Methode kommt vor allem bei Indizes mit vielen Titeln, wie beispielsweise dem MSCI World, zum Tragen.  

Bei der synthetischen Replikation besitzt der ETF die zugrunde liegenden Titel nicht. Stattdessen hält er eine Swap-Vereinbarung mit einer Gegenpartei, meist ein Finanzinstitut. Dabei muss das Fondsmanagement die Titel nicht selbst kaufen, erhält aber gegen eine Gebühr deren Rendite. Diese Methode kann kostengünstiger sein, da Handels- und Verwahrungskosten wegfallen, jedoch bringt sie ein Gegenparteirisiko mit sich. 

Was ist Creation und Redemption?

ETFs werden an der Börse gehandelt, was bedeutet, dass der Kurs eines ETF auch von Angebot und Nachfrage abhängig ist – theoretisch. Damit ETFs aber nicht vom Kurs ihres Basiswerts abweichen, existiert der sogenannte Creation-and-Redemption-Mechanismus. Authorised Participants (APs) haben das Recht, ETF-Anteile zu schaffen oder zurückzunehmen. So sorgen sie dafür, dass der Kurs des ETF immer nur vom Basiswert und nicht von Angebot und Nachfrage abhängig ist. Liegt der Kurs des Basiswerts beispielsweise unter dem Kurs des ETF, gleicht ein AP die Preise durch den Kauf der Basiswerte und deren anschliessenden Umtausch in ETF-Anteile aus.

Bei den APs handelt es sich meist um Finanzinstitute. Auch SIX hat diesbezüglich ein Angebot: Ihr ETF- und Indexdatenprovider Ultumus bietet mit «Cosmos» eine Plattform für den Creation-and-Redemption-Prozess an. 

Wann wird ein ETF an der Schweizer Börse gelistet?

Damit ein ETF an der Schweizer Börse kotiert und somit gehandelt werden kann, müssen sowohl der Emittent als auch das Produkt verschiedene Auflagen erfüllen. Beide werden von der Schweizerischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) und der Aufsichtsbehörde der Schweizer Börse (SIX Exchange Regulation, SER) geprüft. Nur wenn beide Instanzen unabhängig voneinander zustimmen, wird der ETF zum Handel an der Börse zugelassen. Neben der Regelung von Creation and Redemption muss auch ein Market Maker identifiziert werden. 

Was sind die Aufgaben eines Market Makers?

Für jeden ETF gibt es mindestens einen Market Maker – es können aber auch mehr sein, was in der Regel für attraktivere Preise sorgt. Ein Market Maker verpflichtet sich vertraglich gegenüber der Börse, kontinuierlich Liquidität bereitzustellen und laufend einen Kauf- und Verkaufspreis für ETFs zu stellen – also die Handelbarkeit des ETF zu garantieren. Der grösste Market Maker an der Schweizer Börse ist Virtu Financial, der Preise für 1545 der über 1700 gelisteten ETFs stellt. 

Was macht ETFs so besonders?

ETFs bieten verschiedenste Vorteile. Dank ihrer Transparenz sind sie einfach zu verstehen, denn Index- und ETF-Bestandteile werden meist auf täglicher Basis veröffentlicht. Sie bieten mit einer Transaktion erstklassige Diversifikationsmöglichkeiten – ob in 20 SMI-Aktien oder 1600 MSCI-World-Titel. Dank der grossen Produktauswahl können Anlegende in unterschiedlichste Themen und Anlageklassen investieren und so das Risiko noch mehr streuen. Hinzu kommen niedrigere Transaktions- und Verwaltungskosten als bei klassischen Anlagefonds. Ferner gelten ETFs – wie Anlagefonds auch – als Sondervermögen und unterliegen dementsprechend demselben Schutz. Somit ist das investierte Geld vom Vermögen der Fondsgesellschaft getrennt und im Fall einer Insolvenz geschützt.