Securities Services: Heute definieren, wie wir morgen mit Wertschriften umgehen werden

Securities Services: Heute definieren, wie wir morgen mit Wertschriften umgehen werden

Javier Hernani, Head Securities Services bei SIX, zieht nach den ersten Monaten im Amt eine Zwischenbilanz. Er erklärt, dass Securities Services mehr sind als Post-Trade-Dienstleistungen und zeigt die Chancen auf, die eine Branche im regulatorischen Wandel bietet

Seit 2021 leiten Sie die Geschäftseinheit Securities Services von SIX, die unter anderem neben dem bestehenden Schweizer Post-Trading- Angebot auch das der spanischen Börsen BME umfasst. Wie gut finden die schweizerische und die spanische Kultur zusammen?

Es läuft in der Tat reibungslos. Obwohl sie aus so unterschiedlichen Ländern kommen, sind die spanischen und die Schweizer Mitarbeitenden – nicht nur innerhalb unserer Geschäftseinheit, sondern im ganzen Unternehmen – sehr kooperativ und haben Verständnis für die Bedürfnisse und den kulturellen Hintergrund des jeweiligen Gegenübers. Das ist entscheidend, um wirklich als ein Team zusammenzukommen.

Wir unternehmen grosse Anstrengungen, um unseren Mitarbeitenden dabei zu helfen, die Gewohnheiten und sogar die Sprachen ihrer Kolleginnen und Kollegen kennenzulernen. Bald wird es auch wieder möglich sein, zwischen der Schweiz und Spanien hin- und herzureisen und physisch zusammenzuarbeiten.

In geschäftlicher Hinsicht haben wir ein gemeinsames Unternehmen geschaffen, dessen Ziel es ist, weiterhin einen erstklassigen Service zu bieten und zu wachsen. Zu diesem Zweck schauen wir uns jetzt die Synergien an.

Wir werden unsere starke Position und unsere langjährigen Kundenbeziehungen in beiden Ländern nutzen, um Cross-Selling zu betreiben.

SIX und BME verfügen jeweils über ein eigenes Clearing-Haus sowie eine eigene Zentralverwahrung, wo sehen Sie die grössten Möglichkeiten für Synergien bei den Central Counterparties (CCPs) und den Central Securities Depositories (CSDs)?

Wie gesagt, wir wollen wachsen, aber auch die Kostenbasis optimieren. Das heisst, Synergien sind sowohl beim Ertrag wie auch beim Aufwand gefragt. Es geht aber auch darum, neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschliessen. Anders gesagt, unser übergeordnetes Ziel ist es, die Effizienz, die Qualität und die Innovation entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu steigern – und durch die Standardisierung einiger interner Prozesse unsere Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen.

Beide CCPs sind stark diversifiziert, bieten ihre Dienste für zahlreiche Anlageklassen in einem stark regulierten Umfeld an und managen so Risiken in Echtzeit. Sowohl SIX x-clear wie auch BME Clearing gehört zu den qualifiziertesten, stabilsten und kapitalstärksten CCPs Europas. So wurde SIX x-clear bei den Trading & Tech Awards von Financial News gerade mit dem Titel Clearing House of the Year ausgezeichnet. Wir werden unsere starke Position und unsere langjährigen Kundenbeziehungen in beiden Ländern nutzen, um Cross-Selling zu betreiben.

Synergien gibt es auch bei den CSDs. Wir arbeiten an einer Verbindung zwischen SIX SIS und Iberclear. Diese wird uns ermöglichen, Schweizer Kunden spanische Wertschriften und spanischen Kunden Schweizer Wertschriften anzubieten – und sie wird eine breite Palette von neuen Geschäftsmöglichkeiten eröffnen. Darüber hinaus ist Iberclear mit mehreren lateinamerikanischen Märkten verbunden, die wir nun auch für den Schweizer Markt einfach erschliessen können.

Sie erwähnen die starken Positionen im Schweizer und spanischen Markt. Aber wenn es um das Wachstum im Post-Trading geht, kann das nur bedeuten, global zu denken. Wie sehen da die Pläne aus?

Für das Post-Trading und damit für unsere Geschäftseinheit Securities Services gilt das Gleiche wie für die anderen Geschäftseinheiten von SIX: wachsen. «More Growth» bedeutet in unserer Strategie neben «More Volume» auch «More Reach». Wir wollen die Reichweite unserer Produkte und Dienstleistungen erhöhen, indem wir sie international breiter anbieten, und neue Produkte und Dienstleistungen für Kunden in den Märkten entwickeln, die wir bereits abdecken.

Die gebündelten Kräfte von SIX und BME und das noch grössere Fachwissen ermöglichen uns, zu diesem Zweck weiterhin Innovationen einzuführen. Ein ideales Zielgebiet für uns sind Märkte, in denen sich die Bedingungen ändern, zum Beispiel aufgrund neuer regulatorischer Vorschriften.

Ein ideales Zielgebiet für uns sind Märkte, in denen sich die Bedingungen ändern, zum Beispiel aufgrund neuer regulatorischer Vorschriften.

Als Folge des Brexit und einer gegenseitigen Anerkennung der Börsenäquivalenz zwischen der Schweiz und Grossbritannien konnten die Londoner Handelsplattformen den Handel mit Schweizer Aktien am 3. Februar 2021 wieder aufnehmen. Die Börsenäquivalenz der Schweiz mit der EU ist weiterhin nicht gegeben. Wie stellt sich die regulatorische Landschaft im Post-Trading dar?

Von der Entscheidung bezüglich Börsenäquivalenz ist die regulatorische Landschaft im Post-Trading nicht betroffen. Unser Schweizer CCP ist sowohl in der EU als auch in Grossbritannien aktiv. In der EU bietet SIX x-clear ihre Dienstleistungen unter der Drittstaaten-Anerkennung gemäss EMIR an, der europäischen Regulierung für Marktinfrastrukturen – autorisiert von der ESMA, der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde. Unter dem Temporary Recognition Regime kann SIX x-clear ihre Dienstleistungen auch nach dem Brexit ihren Kunden in Grossbritannien anbieten. Diese Regelung, die zunächst für zwei Jahre gilt, kann von den britischen Behörden verlängert werden, während der formale Genehmigungsprozess fortschreitet. Der kontinuierliche Betrieb ist dadurch gewährleistet.

SIX SIS, unser in der Schweiz ansässiges CSD, kann ihre Dienstleistungen nach wie vor auch in der EU anbieten aufgrund des Bestandsschutzes gemäss CSDR, der europäischen Branchenregulierung.

Die spanische Infrastruktur läuft in Grossbritannien übrigens auch unter dem Temporary Recognition Regime.

Clearing, Settlement und Custody bilden den Kern unserer Securities Services. Welche anderen Dienstleistungen offerieren wir darüber hinaus?

Wir sind entlang der gesamten Wertschöpfungskette aufgestellt [siehe auch Box]. Unser Post-Trade-Angebot zu Clearing, Settlement und Custody wird beispielsweise durch unsere Global Fund Services und unsere Issuing Services ergänzt. Die einen stellen eine Gesamtlösung für sämtliche Fondsgeschäfte dar, die anderen unterstützen die Emittenten bei der Erfassung neuer Finanzinstrumente.

Innerhalb unserer Tax Services übernehmen wir von der Einreichung marktspezifischer Steuerformulare über die Abstimmung mit den Steuerbehörden bis zur Steuerrückerstattung alle Prozessschritte. Namentlich helfen wir bei der Vermeidung von Doppelbesteuerung und beim steuerlichen Reporting. Das Reporting im Zusammenhang mit Derivaten ermöglichen wir mit unseren Trade Repositories.

Ausführlicher erwähnen möchte ich unser Echtzeitangebot für Securities Finance. Wir sorgen für Liquidität im Markt, indem wir den Zugang zu Zentralbank- und Geschäftsbankgeld sicherstellen. In der Schweiz betreiben wir dafür die voll automatisierte Handelsplattform für den besicherten Geldmarkt, den Markt für kurzfristige Kredite zwischen Finanzinstituten. 160 Banken und Versicherungen nehmen an diesem Repo-Markt teil. Darunter auch die Schweizerische Nationalbank, die so den Schweizer Geldmarkt steuert.

In der Funktion eines sogenannten Triparty-Agenten überwachen wir die Repo-Geschäfte und führen die Besicherung vollautomatisch aus. In diesem Zusammenhang haben wir mit der Einführung des Collateral Cockpits im November 2019 die Prozesse im Backoffice und im Risikomanagement unserer Kunden fast komplett von manuellen Eingriffen befreit.

Das letzte Beispiel zeigt, dass wir nicht müde werden, Innovationen zu entwickeln, die heute definieren, wie wir morgen mit Wertschriften umgehen werden.