Inhaltsverzeichnis
- Multibanking in der Schweiz: Wer ist mit dabei und was ist aktuell möglich?
- Warum Multibanking ein Bankenentscheid mit Signalwirkung ist
- bLink: Standardisierung im Datenaustausch als Schlüssel für Innovationen im Banking
- Der Schweizer Finanzmarkt teilt Daten von Privatpersonen – ohne Open-Banking-Regulierung
Was lange als technisches Ziel galt, ist nun Realität: Im Rahmen von Multibanking können Privatpersonen über eine einzige App ihre Konten bei verschiedenen Banken gleichzeitig einsehen. Eine bequeme Lösung, denn einer aktuellen HSLU-Studie zufolge besitzen über 70% der Befragten mehr als ein Konto. Darüber hinaus können sie Dienstleistungen von Drittanbietern (Third-Party Provider, TPP), beispielsweise Budget-Apps, direkt mit ihren Kontodaten verknüpfen. Die Studie zeigt zudem, dass die Befragten ein umfassendes Abbild ihrer gesamten Vermögenswerte erwarten, das nicht nur Konten, sondern auch weitere Finanzpositionen einschliesst. Multibanking deckt damit ein zentrales Bedürfnis nach mehr Transparenz und ausführlicher Übersicht ab.
Für Privatpersonen scheint das auf den ersten Blick nur eine weitere «kleine» Funktion im digitalen Banking zu sein. Dahinter steckt jedoch ein technologischer und strategischer Meilenstein. Die zusätzlichen Anwendungen sind nur möglich, weil Finanzinstitute neuerdings Finanzdaten von Privatpersonen gegenüber Drittlösungen verfügbar machen – sofern die Kundinnen und Kunden ihr explizites Einverständnis geben.
Der Datenaustausch erfolgt standardisiert und sicher über zentrale Programmierschnittstellen (APIs) auf der Open-Banking-Plattform bLink von SIX, an die sowohl Banken als auch Fintechs angeschlossen sind. Mit diesem skalierbaren Ansatz macht die Entwicklung von Multibanking für Privatpersonen in der Schweiz einen entscheidenden nächsten Schritt in Richtung Datensouveränität.
Multibanking in der Schweiz: Wer ist mit dabei und was ist aktuell möglich?
Zum Start von Multibanking stellen rund 30 Schweizer Banken die entsprechenden Daten via bLink bereit. 8 Banken und 2 Fintechs aggregieren bereits Daten von anderen Banken und bieten ihren Kundinnen und Kunden Multibanking-Funktionen in ihren Apps an – Tendenz steigend. Weitere Anbieter, sowohl Banken als auch Fintechs, kommen in den nächsten Monaten laufend dazu.
Dass sich zahlreiche Banken für die Umsetzung dieses Meilensteins auf unsere Open- Banking-Plattform bLink stützen, ist ein starkes Zeichen des Vertrauens in SIX.
Christoph Müller, Head Banking Services, SIX
Derzeit umfassen die Anwendungen von Multibanking für Privatpersonen aggregierte Kontenübersichten, Ausgabenanalysen und Budgetplanungen. Die Luzerner Kantonalbank (LUKB) ermöglicht ihrer Kundschaft etwa, Konten bei Drittbanken direkt im LUKB-E-Banking anzuzeigen. Neben einer einheitlichen Übersicht bietet die Lösung einen intelligenten Finanzassistenten. Dieser kategorisiert Transaktionen automatisch, ermöglicht eine anbieterübergreifende Budgetverwaltung und zeigt Sparpotenziale mittels Ausgabenanalysen auf. So entsteht eine neue Qualität in Sachen Transparenz und Kontrolle über die persönliche Finanzsituation.
Auf TPP-Seite hat beispielsweise das junge FinTech-Startup Liquid eine App für das persönliche Finanzmanagement mit Fokus auf junge Erwachsene entwickelt. Auch hier werden alle Bankkonten über die bLink-Schnittstelle automatisch in der App aggregiert aufgeführt. Ergänzt wird diese zentrale Übersicht durch Gamification-Elemente wie Streaks, Challenges und eine Wishlist. Diese lassen das Finanzmanagement von einer mühsamen Pflicht zu einer motivierenden, alltäglichen Gewohnheit werden.
Warum Multibanking ein Bankenentscheid mit Signalwirkung ist
Dem Start von Multibanking geht eine mehrjährige Brancheninitiative voraus. Im Mai 2023 einigten sich führende Schweizer Banken darauf, Finanzdaten von Privatkonten über standardisierte Schnittstellen zugänglich zu machen. Das Ziel: Kundenorientierte Lösungen schaffen und die Innovation auf dem Schweizer Finanzplatz vorantreiben, indem auch Nichtbanken Zugang zu Bankdaten erhalten. Damit entstand die Grundlage für einen offenen, sicheren und kundengetriebenen Datenaustausch.
Chronologie zu Open Banking aus unserem Blog
- Open Banking beantwortet «Standard»-Fragen
- Ist Ihre Bank bereit für Open Banking? Diese 5 Kompetenzen sind entscheidend
- 7 Thesen zu Open Banking – und warum sie ins Reich der Mythen gehören
- OpenWealth: Die Schweizer Finanzbranche definiert Standards für Open Finance selbst
- Open Banking: Abwarten kann teuer werden
- Open Banking: Inspired by Valtteri Bottas – Ein Podcast über den «Drive» von Innovation
- Wie sicher ist Open Banking?
- Embedded Finance: Was Banken jetzt wissen müssen
Bis anhin konnten nur Geschäftskunden in Buchhaltung und Vermögensverwaltung ihre Kontodaten aggregiert anzeigen lassen. Die Verfügbarkeit der Finanzdaten von Privatpersonen macht das Open-Banking-Engagement nun für die breite Masse in der Schweiz greifbar. Mit diesem Meilenstein zeigt der Schweizer Finanzplatz, dass sich ein offenes Modell durchsetzt. Dieses fördert Innovation und nimmt internationale Entwicklungen im Bereich Open Finance auf.
Denn nicht nur Privatpersonen profitieren davon: Die neu zugänglichen standardisierten Bankdaten von Privatpersonen sind für verschiedene institutionelle Finanzmarktteilnehmer sehr attraktiv. Drittanbieter etwa können mit dieser neuen Datenbasis weiterführende, innovative Dienstleistungen entwickeln – Stichwort Embedded Finance.
bLink: Standardisierung im Datenaustausch als Schlüssel für Innovationen im Banking
Mit bLink verfügt der Schweizer Finanzplatz über eine neutrale technische Grundlage für den Austausch von Daten zwischen Datenanbietern und Datenkonsumenten. Über die Plattform von SIX werden die Finanzdaten von Privatpersonen standardisiert und sicher zwischen Banken und TPPs ausgetauscht. Die APIs basieren auf führenden Industriestandards wie Common API und OpenWealth. Eine Community aus Banken und Fintechs stellt zudem sicher, dass bLink auf nationale sowie internationale Marktanforderungen zugeschnitten ist.
Der Zugriff auf die Kontodaten erfolgt nur auf Wunsch und mit expliziter Zustimmung der jeweiligen Privatpersonen. Die Daten werden über die APIs verschlüsselt übertragen, moderne Authentifizierungsverfahren wie OAuth2 und Zwei-Faktor-Authentifizierung sorgen für Sicherheit.
Was wir an bLink besonders schätzen, ist die Integration in unsere bestehenden Systeme sowie die Möglichkeit, innovative Services wie Multibanking schnell und kundenfreundlich umzusetzen. bLink bietet uns Zugang zu einer Vielzahl von Drittanwendungen und Banken über eine einzige Schnittstelle – das reduziert die Komplexität und schafft Raum für neue digitale Mehrwertdienste. Die Plattform ist für uns ein zentraler Baustein auf dem Weg zu echtem Open Banking.
Timon Balsiger, Teamleiter Online-Kanal, Fachbereich E-Banking, LUKB
Der Schweizer Finanzmarkt teilt Daten von Privatpersonen – ohne Open-Banking-Regulierung
Andere Länder wie Grossbritannien, die USA und Brasilien setzten Open Banking mit Regulierung durch. Der Schweizer Finanzplatz hingegen verfolgt einen marktgetriebenen Ansatz und gibt das Tempo selbst vor. Die Regulierungsbehörden beobachten den Fortschritt und greifen – vorerst – nicht ein.
Auch dies zeigt, dass Multibanking mehr als ein Anwendungsfall ist. Es ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass Open Banking in der Schweiz funktioniert, und leistet einen aktiven Beitrag zu den vom Bundesrat formulierten Zielen für Open Finance.
Ein grosser Teil der Schweizer Banken ist bereits auf bLink aktiv. Die technische Grundlage für eine standardisierte Dateninfrastruktur ist also nicht nur vorhanden, sondern wird auch aktiv genutzt. Für Drittanbieter steht jetzt ein realer, einfacher Zugang zu einem breiten Markt mit vielen Möglichkeiten offen.
Als junges Start-up haben wir es sehr geschätzt, von Anfang an ernst genommen zu werden. Die zentrale Schnittstelle hat uns enorm geholfen, schnell und effizient mit Banken zu starten.
Yanic Besson, CTO, Liquid
Allerdings liegt der Schweizer Finanzplatz im internationalen Vergleich noch zurück. Laut der HSLU-Studie konzentrieren sich die Banken noch stark auf die technischen Aspekte von Open Finance. Die Studienautoren fordern, den Blick stärker auf den langfristigen, strategischen Nutzen für die Kundschaft und die Banken zu richten.
Jetzt, wo Multibanking für Privatpersonen rechtlich und technisch vorbereitet und der Startschuss gefallen ist, ergibt sich sowohl für die Banken als auch für die TPPs eine zukunftsweisende Gelegenheit. Die Einführung in der Schweiz erfolgt dezentral und gestaffelt – die Banken und TPPs können selbst entscheiden, wann und in welcher Form sie ein Angebot lancieren möchten. Doch wer bei Multibanking von Anfang an dabei ist, kann Standards mitprägen und sich gegenüber den Endkundinnen und Endkunden innovativ positionieren. Denn bei ihnen wird die Nachfrage nach integrierten Lösungen über herkömmliche Finanzdienstleistungen hinaus weiter steigen.
Multibanking markiert einen entscheidenden Schritt in Richtung Open Finance. Mit bLink können Banken und Fintechs sicher und effizient zusammenarbeiten, um neue datenbasierte Services und attraktive Kundenerlebnisse zu entwickeln.
Ziel von bLink ist ein offenes Ökosystem für den Schweizer Finanzplatz mit Fokus auf Interoperabilität, Skalierbarkeit und regulatorische Konformität. Zentralisierung und Standardisierung erzeugen das Momentum für Multibanking: Sie ebnen den Weg für Innovation und Datensouveränität. Gleichzeitig schaffen sie die Rahmenbedingungen für Transparenz und Vertrauen gegenüber der privaten Kundschaft.
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