Zitat des Monats

«Das tun wir nicht, weil das für uns ganz normale Bankkunden sind, die einfach über einen anderen Vertriebskanal laufen.»

Marianne Wildi, CEO der Hypothekarbank Lenzburg in einem Interview mit der Handelszeitung auf die Frage, warum sie das Partnerbank-Geschäft im Geschäftsbericht nicht aussondern.

Open Banking aktuell


Embedded Finance: Braucht es «Coop Finance+» überhaupt?

Kaum jemand wird vergangene Woche um den Hype des neuen Bankangebots von Coop herumgekommen sein. Im App Store stand «Coop Finance+» kurz nach der Veröffentlichung an zweiter Stelle der beliebtesten Finanzapps in der Schweiz, noch vor Revolut oder TWINT. Damit verleiht der Grosshändler dem Thema «Embedded Finance» in der Schweiz auf jeden Fall eine neue Dimension. Aber läutet das Angebot auch wirklich eine neue Ära im Schweizer Banking ein? Wir haben einen Ausblick in drei Thesen gewagt:
 

Startschuss für die Verschiebung der Kundenschnittstelle: Andere Nicht-Banken mit bekanntem Brand und grossen Kundenstämmen dürften sich jetzt ebenfalls gut überlegen, eigene Finanzprodukte in ihr Angebot einzubetten. Das rückt die Frage in den Mittelpunkt, wie Kundinnen und Kunden zukünftig ihre Finanzdienstleistungen beziehen.


Eine berechtigte, kritische Frage vorweg: Warum sollte man eigentlich via Coop eine zusätzliche Bankbeziehung starten? Zwar bietet Coop bei seinem Haushaltskonto spannende Vorteile – z. B. keine Kontogebühren und doppelte Superpunkte im ersten Jahr oder den Bargeldbezug an Coop-Kassen –, aber es ist eben immer noch «nur» ein weiteres Zahlungskonto, über welches man schon bei seiner Hausbank, oder wegen der (vorläufig) attraktiveren Gebühren vielleicht zusätzlich noch bei einer Neobank, verfügt. Dasselbe gilt für das Angebot rund um die Säule 3a. Der klare Vorteil von Nicht-Banken wie Coop ist, dass sie ein spezifisches Bedürfnis (Einkaufen) mit einem Finanzbedürfnis (Bezahlen) so kombinieren können, dass für Kundinnen und Kunden innerhalb ihrer Produkt- und Markenwelt einzigartige Mehrwerte entstehen, die Banken umgekehrt nur schwer bieten können (einen teilweisen Ansatz zeigt der «Use Case des Monats»). Aber gefährdet das die traditionellen Banken wirklich? Damit sich Kundinnen und Kunden tatsächlich dafür entscheiden, ihre Finanzen substanziell in Richtung des Bankangebots von Coop zu verlagern oder gar die Hauptbankbeziehung zu wechseln, müsste der Detailhändler diese Produktintegration und sein Finanzangebot vermutlich weiter ausbauen. Die Möglichkeiten sind dafür divers: weitere Spezialkonditionen auf Superpunkte, wie z. B. den Wertübertrag ins 3a-Konto, neue App-Features wie ein Subscription Management oder die Einführung von Kinderkarten inkl. Finanzbildungsangebot auf dem Haushaltskonto und damit verbundener Sparangebote. 

Aber warum ausbauen? Banken haben eine wichtige Sicherheit und das sind solide Kundenbeziehungen basierend auf starkem Kundenvertrauen. Fintechs haben in den letzten Jahren gezeigt, dass moderne Lösungen mit einer besseren User Experience an diesem Verhältnis zu rütteln vermögen. Allerdings nie genug, um ernsthaft Marktanteile gegenüber den etablierten Banken zu gewinnen. Das liegt unter anderem auch daran, dass die Services der Fintechs zwar innovativer, aber auch zu spezialisiert und zu losgelöst von einem gesamtheitlichen Bankangebot sind. Kundinnen und Kunden wollen «Convenience» und das bedeutet oft auch, möglichst vieles aus einer Hand zu beziehen. Und genau das könnte der Vorteil von renommierten Nicht-Banken sein, die mit Embedded Finance verschiedene Bedürfnisse und Services auf ihren Plattformen mit einer überzeugenden User Experience konsolidieren – und dabei im Gegensatz zu Fintechs bereits auf einen grossen Kundenstamm mit einem ebenfalls starken Kundenvertrauen aufbauen können. Auch Banken könnten natürlich innovative Services in einer Lösung konsolidieren. Der erfolgreiche Weg dahin dürfte dabei ähnlich wie bei einer Nicht-Bank aussehen: Über Kooperationen mit Partnerunternehmen, die sich auf diese Angebote «as-a-Service» spezialisiert haben. Eine Nicht-Bank, die mit Embedded Finance bereits die richtige Infrastruktur und Strategie etabliert hat, wird dabei allerdings vermeintlich flexibler und schneller sein, als eine Bank, die entweder entscheidet, alles selbst zu bauen oder nicht ohne Weiteres in der Lage ist, Drittangebote effizient in die eigene Produktpalette zu integrieren. Damit wäre dann nicht mehr nur die Kundenschnittstelle aufseiten der Banken gefährdet, sondern irgendwann auch ihre Rollen als Hauptbanken. Oder doch nicht? Kommen wir zu unserer zweiten These.
 

API-Infrastruktur wird zur zentralen Kompetenz in der Bankenwelt: Wer nicht in eine «as-a-Service»-Infrastruktur investiert und lernt, Daten und Services mit Banken und Nicht-Banken auszutauschen, denen bleiben wichtige Wachstumspotenziale sowie strategische Handlungsoptionen vorenthalten.
 

Embedded Finance fordert das Rollenverständnis von Banken heraus. Was ist eigentlich eine Hauptbank? Muss eine Bank die Kundenschnittstelle haben, um dafür zu qualifizieren, oder sollte der Grossteil der Assets ihrer Kundschaft bei ihr liegen? Für Partnerbanken, die «Banking-as-a-Service» als Grundlage für Embedded Finance anbieten, ist es beides. Sie behalten die Kundenschnittstelle dort, wo sie einzigartige Services anbieten können und stellen ihre Banklizenz und -infrastruktur anderen zur Verfügung, die in einem bestimmten Bereich über eine bessere Lösung verfügen.

Das bestätigt auch Marianne Wildi, CEO der Hypothekarbank Lenzburg in einem lesenswerten Interview mit der Handelszeitung (Abo notwendig) zur neuen Partnerschaft mit Coop. Für sie sind die Kundinnen und Kunden aus dem Partnerbanken-Geschäft «ganz normale Bankkunden […], die einfach über einen anderen Vertriebskanal laufen». Wichtig sei, dass man für Finanzgeschäfte noch ein Bankkonto brauche. Dieser Ansatz äussert sich auch in der Bilanz der Bank: Mit etwa einer Milliarde Franken machen alleine die Kundengelder, die über die Partnerschaft mit der Neobank Neon generiert wurden, rund ein Siebtel der gesamten Bilanzsumme der Hypi aus. «Das ist relevant und generiert Wachstum», betont Wildi. Die Partnerschaft mit Coop dürfte dem noch einmal signifikanten Aufschub verleihen. Auf die Frage, warum andere Schweizer Banken – auch vor dem Hintergrund internationaler Beispiele – nicht auf den Zug aufspringen würden, erklärt Wildi: «Weil die meisten Banken die Kombination aus Technologie und Banking nicht leben. […] Deren Geschäftsmodell basiert einzig auf Kundenkontakt und Geschäftsstellen. Und das ging bisher auch auf für sie». Eine provokative Aussage, die wir im Hinterkopf behalten werden, während wir die Weiterentwicklung von Embedded Finance in der Schweiz und natürlich auch der Hypi beobachten.
 

BaaS/Embedded Finance ist der nächste logische Schritt nach Open Banking: Im Rahmen der aktuellen Open-Banking-Initiative «Multibanking für Privatkunden» machen sich Schweizer Banken vermehrt API-fähig. Basierend auf dieser Infrastruktur lässt es sich wesentlich realistischer analysieren, was es braucht, um zusätzlich BaaS -Angebote umzusetzen.
 

Was können Schweizer Finanzdienstleister jetzt tun? Ein guter Start ist, sich mit der Investition in eine entsprechende technologische Infrastruktur auseinanderzusetzen. Aktuelle Schweizer Open-Banking-Initiativen und -Angebote schaffen einen idealen Einstiegspunkt dafür, auch aus einer strategischen Sicht. Unser bLink-Team hilft gerne dabei, mögliche Ansätze zu identifizieren.

Inspiration findet ihr übrigens auch in unserem neuen Whitepaper zu genau diesem Thema.

Weiter in den News

Von marktgetrieben zu reguliert: Die USA macht Nägel mit Köpfen und beschleunigt die Umstellung auf Open Banking per Gesetzgebung. Offizielle News (EN)

Kanadas Fintechs haben eine Kampagne gestartet, um die öffentliche Unterstützung für die Umsetzung staatlicher Open-Banking-Massnahmen zu gewinnen. Artikel (EN)

Markus Naef, CEO von bexio im Interview mit Moneycab über technologische Neuerungen, Open Finance mit bLink und die Bedeutung von Automatisierung. Interview (DE)

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Use Case des Monats


Clink – Sämtliche Treueprogramme auf einer einzigen Bankkarte vereint

Gemäss dem deutschen Fintech Clink* haben Verbraucherinnen und Verbraucher heute im Schnitt fast 15 Treueprogramme abonniert, verteilt auf eine gleich hohe Anzahl Kundenkarten oder Apps. Entsprechend schwierig ist es, die Übersicht zu behalten und alle Belohnungen effizient einzulösen. Mit ihrer API-basierten «Card-Linked Technologie» verspricht Clink, dieses Problem zu lösen. Denn Unternehmen können damit ihre Treueprogramme ganz einfach über die Bankkarten ihrer Kundinnen und Kunden laufen lassen.

Aus Kundensicht sieht das dann folgendermassen aus: Via URL oder QR-Code treten Kundinnen und Kunden dem Clink-Treueprogramm eines Unternehmens bei (Clink funktioniert deshalb sowohl im Onlineshop als auch im physischen Geschäft). Via Consentflow verbinden die Kundinnen und Kunden danach das Programm mit ihrer Bankkarte bzw. dem dahinterliegenden Zahlungskonto. Durch den Zugriff auf die entsprechenden Transaktionsdaten werden die Treueprogramme anschliessend automatisch auf jeden Einkauf bei teilnehmenden Unternehmen angewendet und die Belohnungen – in Form von Cashback – direkt auf das Bankkonto ausgespielt. Für die Kundinnen und Kunden ist das eine einzigartige User Experience. Unternehmen wiederum profitieren von einer effizienten Integration und Umsetzung ihrer Treueprogramme.

Für die Verbindung der Treueprogramme von Clink mit den Bankkonten der Kundinnen und Kunden dürfte dabei nicht einmal eine neue API nötig sein, weil die PSD2-mandatierten APIs «XS2A (Access to Account)» und «Payment Initiation» diesen Anwendungsfall bereits abdecken. Entsprechend wirbt das Fintech damit, dass es alle gängigen Bankkarten in Deutschland unterstützt. Die Lösung von Clink wäre entsprechend auch in der Schweiz über die standardisierte API «Account Information» auf bLink denkbar, die spätestens mit der Umsetzung der aktuellen Multibanking-Initiative nicht nur Zugang zu einem Grossteil der Schweizer Banken, sondern auch auf Transaktionsdaten von Privatkundinnen und -kunden bieten würde.

* Falls der Link nicht funktioniert, mit einem privaten Gerät versuchen.

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