Inhaltsverzeichnis
- Alles hat sich verändert, schon wieder
- Wie können Unternehmen die Vorteile, die KI verspricht, optimal nutzen?
- Die drei R: Die Grundlage einer KI-Datenstrategie
- Die Rolle von Regulierung und KI-Governance
- Packen wir das Problem an der Wurzel
- KI einbinden, statt ausrollen
- Denken Sie KI ganzheitlich, nicht von Anwendungsfall zu Anwendungsfall
- Vermeiden Sie die Produktivitätsillusion
- Nachhaltigkeit und generative KI – zwei Herausforderungen, die sich gegenseitig helfen können
- Einen Weg durch das Paradoxon finden
Basierend auf 100 Jahren Innovationsgeschichte sind wir bei SIX voller Zuversicht, was den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) angeht. Werfen wir einen Blick darauf, was hinter diesem Vertrauen steckt.
Marion Leslie
Seit Januar 2020 ist Marion Leslie Head Financial Information bei SIX und Mitglied der Geschäftsleitung. Sie leitet das globale Datengeschäft von SIX, das Finanzinstitute weltweit mit wichtigen Daten und Erkenntnissen zuhanden ihrer Kundinnen und Kunden versorgt. Sie ist auch die Fürsprecherin für Nachhaltigkeit in der Geschäftsleitung.
Alles hat sich verändert, schon wieder
Ich denke, viele würden zustimmen, dass sich seit der Einführung von ChatGPT vor etwas mehr als zwei Jahren alles verändert hat. Die Geschwindigkeit dieses Wandels hat dazu geführt, dass die einen nur das Gute und die anderen nur das Schlechte sehen. Daraus ergeben sich widersprüchliche Überlegungen wie: «Wird KI die globalen wirtschaftlichen Produktivitäts- und Gesundheitskrisen lösen? Oder wird sie uns alle überflüssig machen und die Menschheit durch eine algorithmisch erzeugte Entscheidung auslöschen?»
Diese Art des polarisierten Denkens hat zu paradoxen Fragen geführt wie «Zu viel, zu wenig oder beides?», «Gibt es zu wenig Transparenz und zu viele Vermutungen?», «Ist zu viel Vertrauen vorhanden und zu wenig Risikomanagement?», «Bewirken zu viele Versuche zu wenig Wirkung?»
Wie können Unternehmen die Vorteile, die KI verspricht, optimal nutzen?
Wie können Unternehmen angesichts dieses Paradoxons die Vorteile, die KI verspricht, maximieren? Um bei der Einführung von KI bewusst einen zuversichtlichen Weg einzuschlagen, müssen Unternehmen die polarisierten Sichtweisen verstehen und ernst nehmen. Sie müssen sich ausserdem stets klar sein, dass sich diese Vorstellungen ständig weiterentwickeln.
Die drei R: Die Grundlage einer KI-Datenstrategie
Ich arbeite seit Jahrzehnten mit Daten auf den Finanzmärkten und habe aufgehört zu zählen, wie oft ich gehört habe, dass eine neue Technologie die Notwendigkeit beseitigen würde, sich auf das grundlegende Datenmanagement zu konzentrieren. Die Grundsätze einer guten Datenverwaltung wie Genauigkeit, Aktualität und Vollständigkeit sind heute wichtiger denn je.
Mit KI brauchen alle eine Datenstrategie, die über die Grundsätze der Datenqualität, -verwaltung und -steuerung hinausgeht. Qualität heisst nicht nur Genauigkeit, Termintreue und Vollständigkeit. Qualität heisst auch, die drei R sicherzustellen: Die Daten müssen richtig, relevant und repräsentativ sein. Wer dies nicht beachtet, tappt geradewegs in die Bias-Falle. Wir haben alle verstanden, dass KI-Lernen mit limitierten Datensätzen nicht funktioniert.
Die Rolle von Regulierung und KI-Governance
Wir sollten auch bedenken, dass KI-Governance genauso streng gehandhabt werden muss wie die Einhaltung finanzieller Compliance. Dazu gehören die eindeutige Zuordnung der Verantwortung für das KI-Modell, Nachvollziehbarkeit und die vollständige Rückverfolgbarkeit von Trainingsdaten, Entscheidungslogik und Ergebnissen. Es geht nicht nur um Ethik, sondern auch um operative Stabilität, regulatorische Abstimmung und langfristige Verantwortlichkeit. Das von Anfang an zu berücksichtigen ist wichtig, da sich die Regulierung weiterentwickelt und später eine Skalierung erfordern wird.
Packen wir das Problem an der Wurzel
Es ist mir unbegreiflich, warum wir im Jahr 2025 immer noch PDF-Dateien mit unstrukturierten und uneinheitlichen Finanzinformationen verarbeiten, zum Beispiel aus Prospekten für festverzinsliche Wertpapiere. Anstatt Technologien übereinanderzuschichten, um deren Verwaltung zu erleichtern, könnten wir das Problem an der Wurzel packen. Lassen Sie KI keine oberflächliche Massnahme sein.
KI einbinden, statt ausrollen
Was sind die Schlüssel, um diese bewusst zuversichtliche Haltung in Ihrem Unternehmen zu verankern? Es geht vor allem um Systemdenken. Hören Sie auf, über das Ausrollen von KI nachzudenken, und fangen Sie an, sich mit der Einbindung von KI zu befassen.
KI findet nicht isoliert statt. Sie muss in das Unternehmen und in die Prozesse integriert werden. Jede und jeder, vom Verwaltungsrat bis zur Administration, muss sich darüber im Klaren sein und sich engagieren.
Denken Sie KI ganzheitlich, nicht von Anwendungsfall zu Anwendungsfall
Verlieren Sie sich nicht in Anwendungsfällen beziehungsweise im Pilotphasen-Fegefeuer. Wenn Unternehmen neue Technologien einführen, können sie am Ende 200 Versuche vorweisen, die belegen, dass sie funktionieren. Sie sind jedoch nicht in der Lage, die Technologie zu skalieren und greifbare Ergebnisse und Verbesserungen zu erzielen, die sich in der Bilanz niederschlagen. Um echte, dauerhafte und skalierbare Vorteile zu erzielen, ist es wichtig, die Kernbereiche Ihres Unternehmens zu verstehen und herauszufinden, wo KI am besten eingesetzt werden kann. Denken Sie an die gesamte Wertschöpfungskette.
Vermeiden Sie die Produktivitätsillusion
KI verspricht massive Produktivitätssteigerungen – aber nur, wenn Sie wissen, was «Produktivität» für Ihr Unternehmen wirklich bedeutet. Messen Sie den Output? Die Entscheidungsgeschwindigkeit? Die Fehlerreduzierung? Verstehen und definieren Sie den Wert klar.
Nachhaltigkeit und generative KI – zwei Herausforderungen, die sich gegenseitig helfen können
Wenn Sie Nachhaltigkeit und KI mit einem ethischen Führungsstil verknüpfen, stellen Sie sicher, dass beide gut «zusammenarbeiten» und in Belohnungssysteme, Unternehmenswerte und Verhaltensweisen eingebettet sind. KI kann sich durchaus positiv auf die Nachhaltigkeitsziele auswirken. Es geht nicht um ein Entweder-oder.
Wenn es sich zum Beispiel um Daten für den Kursabgleich am Tagesende handelt, benötigen Sie keine Echtzeit-Feeds mit extrem niedriger Latenz. Nutzen Sie die gleiche Art der Priorisierung, um Ihre KI-Infrastruktur so aufzubauen, dass sie Ihre Anforderungen erfüllt, anstatt sie zu übertreffen.
Einen Weg durch das Paradoxon finden
Die Einführung von KI ist nicht nur eine technische, sondern auch eine kulturelle Aufgabe. Die Führung muss den Wandel mit Klarheit und Einfühlungsvermögen vorantreiben und erkennen, dass Angst und Skepsis keine Hindernisse, sondern wichtige Erkenntnisquellen sind. Wenn man die Menschen durch Weiterbildung, Transparenz und gemeinsame Ziele auf diesem Weg mitnimmt, wird aus Ungewissheit Übereinstimmung. Die Zukunft gehört den Unternehmen, die mit Zuversicht Innovationen vorantreiben und gleichzeitig in der Art und Weise, wie sie den Wandel gestalten, zutiefst menschlich bleiben.
Die grundlegende Herausforderung besteht darin, einen (selbst-)bewussten Weg zwischen dem Paradoxon von zu viel und zu wenig zu finden, denn niemand will zu spät kommen.
SIX führt jährlich eine Studie über die Zukunft des Finanzwesens durch. In der aktuellen Studie Future of Finance haben Führungskräfte aus internationalen Finanzinstituten KI als eine der Schlüsseltechnologien der nächsten Jahre identifiziert.
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